«Das Blended-Learning-Modell der FFHS ist eine Pionierleistung»
Die FFHS ist nach 25 Jahren in der schweizerischen Hochschullandschaft etabliert. Eine Erfolgsgeschichte, die mit einer Vision und 26 Studierenden im Wallis begann. Christophe Darbellay, Walliser Bildungsminister, über die Bedeutung der FFHS für das Wallis, den Fachkräftemangel und seine eigene Studentenzeit.
«Der Kanton kann von der Expertise der FFHS als E-Hochschule und Forschungseinrichtung
profitieren», sagt Christophe Darbellay. (Foto: Pedro Rodrigues)
Christophe Darbellay, was waren Sie für ein Schüler? Gehörten Sie zu den Minimalisten oder doch eher zu den Strebern?
Zum Glück habe ich sehr schnell und einfach gelernt. Aber ich habe effektiv nur das Minimum gemacht. Ich war sehr zerstreut und das war ein Problem für meine Lehrer. Später beim Studium habe ich dann Gas gegeben und das hat sich zum Glück auch in den Noten gezeigt.
Die Zahl der Kinder nimmt schweizweit parallel zum generellen Wachstum der Bevölkerung zu. Ist der Lehrermangel auch im Wallis ein Problem?
Im Oberwallis ist die Situation etwas akuter als im Unterwallis. Im aktuell laufenden Schuljahr, wie bereits in den vergangenen, mussten wir deshalb nach Lösungen suchen. Im Oberwallis haben wir zahlreiche Stellen mit Studierenden der Pädagogischen Hochschule (PH), die im letzten Ausbildungsjahr sind, besetzt. Sie studieren und unterrichten jeweils halbzeitig. Die PH Wallis betreut diese Studierenden sehr eng und es funktioniert gut. Aber es ist eine Notlösung und wir wollen dem Lehrermangel eigentlich Paroli bieten.
Angesichts der dynamischen Entwicklung der Bevölkerung im Wallis also eine echte Herausforderung?
Genau, schweizweit hat das Wallis fast die dynamischste Bevölkerungsentwicklung. Konkret arbeiten Lehrerinnen und Lehrer im Wallis durchschnittlich in einem 50- bis 60-Prozent-Pensum. Das heisst, wir müssen für eine Arbeitsstelle zwei Personen ausbilden. Mehr Schüler brauchen mehr Lehrer und diese sind vor allem im Oberwallis schwer zu finden.
Weil die jungen Oberwalliserinnen und Oberwalliser lieber an einer Pädagogischen Hochschule ausserhalb des Kantons studieren und später nicht ins Wallis zurückkehren wollen?
Ja. Nehmen wir beispielsweise die Maturandinnen und Maturanden des Kollegiums Spiritus Sanctus in Brig. Die gehen ungerne zwei Strassen weiter in der Briger Burgschaft an die PH. Deshalb müssen wir die Pädagogische Hochschule attraktiver machen. Und das werden wir mit dem geplanten neuen Bildungscampus, der bis voraussichtlich 2028 westlich des Briger Spitals entstehen soll und in dem auch die Pädagogische Schule untergebracht ist, auch schaffen.
Für eine gute Ausbildung auch im tertiären Bereich muss heute eigentlich niemand mehr den Kanton Wallis verlassen?
Nicht unbedingt. Heute bietet unser Kanton viel mehr Möglichkeiten an, sich auszubilden. Beispielsweise ist ein Masterstudiengang etwa an, der FFHS möglich, das war früher anders. Im tertiären Bereich konnten wir uns in den vergangenen Jahren stark verbessern. Aber natürlich ist es nicht verboten, ausserhalb des Kantons zu studieren. Gut wäre, wenn die Absolventinnen und Absolventen später zurückkehren.
Weil im Wallis wie in anderen Schweizer Kantonen die Fachkräfte fehlen?
Die Walliser Wirtschaft hat sich rasant entwickelt. Lonza, Scintilla und viele weitere sind grosse Unternehmen, die international agieren. Mittlerweile rekrutieren wir im Wallis die Mitarbeitenden weltweit. Wir wollen aber, dass auch die jungen Walliserinnen und Walliser ihr Potenzial voll ausschöpfen können. Deshalb müssen sie wissen, dass es in unserem Kanton auch für hochqualifizierte Personen zahlreiche Karrieremöglichkeiten gibt.
Der Walliser Bildungsminister Christophe Darbellay betrachtet die FFHS als Walliser Bildungsinstitution. (Foto: Pedro Rodrigues)
Die FFHS feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. Eine Erfolgsgeschichte, die ihren Ursprung auch im Wallis hat.
Ja und mittlerweile ist die FFHS in der Schweizer Bildungslandschaft etabliert und zieht Studierende aus allen Kantonen an. Die Expertise der FFHS als E-Hochschule ist für unseren Kanton sehr wichtig und wir können davon profitieren. Das Blended-Learning-Modell der FFHS ist eine Pionierleistung.
Hätten Sie sich persönlich vorstellen können im Blended-Learning-Modell zu studieren?
Zu meiner Studienzeit war ein Onlinestudium noch kein Thema. Heute sieht es anders aus und hat sich vielerorts etabliert. Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir alle, wie wichtig es ist, Bildung online verfügbar zu machen. Jetzt könnte ich mir ein solches Modell auch für mich vorstellen. Als Student hätte ich wohl die Selbstdisziplin dafür nicht gehabt.
Die Studierenden der FFHS absolvieren das Studium berufsbegleitend, Disziplin ist da eine Grundvoraussetzung.
Natürlich. Ich denke das Publikum der FFHS weiss das auch. Das sind Menschen, die fest im Leben stehen, bereits eine Position in der Wirtschaft oder eine Familie haben und sich nach ihrer ersten oder zweiten Berufsausbildung nochmals weiterentwickeln wollen. Das sind Leute, die sehr motiviert und gut organisiert sind. Genau solche Fachkräfte braucht die Schweiz. Solche mit Durchhaltewillen, die wissen, wann und auf was sie zwischenzeitlich verzichten müssen, um ihre gesteckten Ziele, also den Abschluss einer Aus- oder Weiterbildung, zu erreichen. Studiert ein Mitarbeiter nebenberuflich, kann davon auch das Unternehmen profitieren.
Zwischen dem Kanton Wallis und der FFHS gibt es mehrere Kooperationen. Wieso?
Weil wir wie gesagt von der Expertise der FFHS als E-Hochschule und Forschungseinrichtung profitieren können. Auf Distanz lernen war früher noch unvorstellbar und nur eine Theorie. Aber angesichts der zunehmenden Digitalisierung kann es sich niemand mehr leisten, hier den Anschluss zu verpassen.
Die FFHS hat mit dem Bau des neuen Hochschulcampus in Brig gemeinsam mit der FernUni Schweiz ein klares Zeichen gesetzt – ein Bekenntnis zum Wallis.
Das ist ein klares Zeichen, ja. Und die FFHS hat auch den neuen Standort in Zürich realisiert. Das war auch absolut notwendig, bei dieser einmaligen Positionierung, welche die FFHS hat. Geografisch sind die Standorte der FFHS ebenfalls klug gewählt. Der Kanton ist sich bewusst, dass der Sitz der FFHS in Brig ist. Obwohl eine Stiftung die Trägerschaft und die FFHS eine affiliierte Schule der SUPSI ist, betrachten wir die FFHS ganz ohne Bescheidenheit als Walliser Bildungsinstitution.
Und dennoch erhält die FFHS keine Subventionen vom Kanton Wallis. Wird sich das mit der anstehenden Revision des Hochschulgesetzes ändern?
Eine verstärkte Integration der FFHS in die Walliser Landschaft der tertiären Bildung und Forschung ist mit der Revision des Gesetzes über Bildung und Forschung von universitären Hochschulen und Forschungsinstituten vorgesehen. Mit dem Entwurf für das neue Hochschulgesetz wollen wir die tertiären Institutionen inklusive den privaten besser ins System einbeziehen. Konkret denke ich da unter anderem etwa an die Nutzung von Synergien. Die kantonale Unterstützung dürfte mit der neuen gesetzlichen Möglichkeit einer direkten Grundfinanzierung für die Forschung zunehmen.