Einzigartiges B2B-Erlebnis schaffen
Die Bereitstellung eines unvergesslichen Kundenerlebnisses (CX) ist keinesfalls der alleinige Anspruch von B2C-Unternehmen. Auch B2B-Unternehmen erkennen vermehrt die Notwendigkeit, aussergewöhnliche CX als Eckpfeiler der Differenzierung und Wettbewerbsfähigkeit zu liefern.
Durch ein datenbasiertes Verständnis von Kundenbedürfnissen und -erwartungen sollen individuelle Lösungen in Form von modernen «Customer Experiences» etabliert werden. (Bild: CX Insight)
Der Einstieg in die CX-Reise er fordert ein differenziertes Ver ständnis ihrer Anwendung in der - - B2B-Landschaft, um eine strategische Ausrichtung auf die umfassenderen Geschäftsziele und -prozesse sicherzustellen. Dieser Artikel reflektiert CX im B2B-Bereich und untersucht deren Bedeutung, Umsetzung und die organisatorische Transformation, die erforderlich ist, um diese erfolgreich zu unterstützen.
Von der Klick- zur Reissverschluss-Beziehung im B2B
Nach wie vor ist das Geschäftsmodell vieler B2B Unternehmen – insbesondere KMUs – darauf ausgerichtet, über den Verkauf von wettbewerbsfähigen oder sogar differenzierenden Produkten den gewünschten Umsatz zu generieren. In der Theorie wird dies als «Klick-Beziehung» mit den Kunden bezeichnet. Darüber hinaus werden maximal über Serviceleistungen und Ersatzteile zusätzliche Einnahmen generiert. Nachhaltige Differenzierung kann aber auch für B2B-Unternehmen kaum noch über das reine Produkt generiert werden. Vielmehr gilt es, eine «Reissverschluss-Beziehung» zu etablieren, bei der Produkte und Dienstleistungen entlang der gesamten Customer Journey gesucht und angeboten werden:
Der Schlüssel dazu ist das tiefe Verständnis der Abläufe bei den Kunden – inkl. deren damit verbundenen Probleme und Anforderungen – auch «Customer Experience» genannt. «Customer Experience» im B2B umfasst die ganzheitliche Wahrnehmung und Interaktion, die ein Geschäftskunde mit einem Lieferanten hat, vom Erstkontakt über die Lieferung bis hin zur Betreuung der Produkte oder Dienstleistungen im After Sales. Im Gegensatz zu B2C, wo der Fokus in erster Linie auf der individuellen Kundeninteraktion und der sofortigen Bedürfnisbefriedigung liegt, beinhaltet B2B CX längere Beziehungs- und Transaktionszyklen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Aufbau robuster Partnerschaften, der beständigen Wertgenerierung sowie der Förderung von Vertrauen und Zuverlässigkeit. Dieser Fokus geht typischerweise einher mit der Entwicklung hin zum Gesamtlösungsanbieter.
Diese Entwicklung setzt ein neues Geschäftsverständnis sowie die vollständige kulturelle Ausrichtung hin zur Kundenorientierung voraus, was eine organisatorische Transformation bedingt. Ein Lösungsanbieter muss die Herausforderungen und Ziele seiner Kunden leben und atmen. Jedes Produkt wird in verschiedene Service-, Support- und Individualisierungslevels eingebettet, um spezifische Kundenprobleme entlang der Customer Journey zu lösen. Dies erfordert eine Organisationsstruktur, die die funktionsübergreifende Zusammenarbeit und die Befähigung der Mitarbeiter fördert, Lösungen schnell auf die Bedürfnisse der Kunden zuschneiden können.
Dabei spielt Technologie eine erhebliche Rolle. Durch die Integration fortschrittlicher Datenanalysen und flexibler Systeme können Unternehmen Kundenmuster besser verstehen, Lösungen massschneidern und sicherstellen, dass jede Entscheidung auf den Kundenerfolg ausgerichtet ist. Hierfür ist der Aufbau von Plattformen, die verschiedene Produkte, Dienstleistungen und Angebote von Drittanbietern zusammenführen, notwendig.
Von entscheidender Bedeutung ist auch die Neuausrichtung des Vertriebs- und Marketingansatzes, um sich auf beratendes Verkaufen und ergebnisorientierte Narrative zu konzentrieren. Hier findet ein Wandel vom Verkauf einer Liste von Produktmerkmalen hin zum Verkauf eines Erfolgsversprechens statt. Dieser Ansatz muss sich in der Neukalibrierung von Leistungskennzahlen widerspiegeln, wobei KPIs die langfristige Kundenzufriedenheit und den gelieferten Wert widerspiegeln.
Die Kundenprozessanalyse als ersten Schritt
Die Entwicklung vom reinen Produkt- zum Komplettlösungsanbieter erfordert eine systematische Erschliessung von Differenzierungspotenzialen über die Gestaltung der Customer Journey. Als Einstieg eignet sich die «Kundenprozessanalyse» als Instrument. Dabei geht es darum, jeden Kundenkontaktpunkt sorgfältig zu prüfen, um Potenziale für Verbesserungen, Innovationen und Erweiterungen zu identifizieren.
Durch die Analyse von Kundenprozessen können Unternehmen latente Bedürfnisse aufdecken, sinnvolle Interaktionen ermöglichen und Mehrwert schaffen. Mehrwert erfordert allerdings über oberflächliche Engagements hinauszugehen und tief in die betrieblichen Arbeitsabläufe der Kunden einzutauchen, ihre Herausforderungen zu verstehen und Lösungen masszuschneidern, um ein nahtloses, effizientes und angenehmes Kundenerlebnis an jedem Touchpoint zu schaffen.
Das Vorgehen ist typischerweise wie folgt:
1. Erfassen der Customer Journey: Identifizieren Sie alle Kontaktpunkte, an denen Kunden mit der Dienstleistung oder dem Produkt interagieren. Beschreiben Sie die Schritte, welche Kunden von der ersten Interaktion bis zum Kauf und After-Sales-Service typischerweise durchlaufen. Auch das Thema «Second Life» der sollte dabei zunehmend in den Fokus kommen.
2. Erfassen der Kundennutzen: Identifizieren Sie die wichtigsten Kundennutzen und klassifizieren Sie diese entsprechend ihrer Wichtigkeit und Bedeutung für den Kunden.
3. Datenerhebung: Erfassen Sie Daten zu Kundeninteraktionen, z. B. Zeitaufwand für jeden Schritt, Kundenfeedback und Konversionsraten.
4. Analyse: Analysieren Sie die Daten, um Engpässe, Schmerzpunkte oder Ineffizienzen in der Customer Journey zu identifizieren. Nutzen Sie die Analyse, um Kundenbedürfnisse und Präferenzen besser zu verstehen.
5. Ideation / Verbesserungsstrategien: Identifizieren Sie Strategien zur Verbesserung der ermittelten Schwachstellen oder Ineffizienzen. Dies könnte die Straffung von Prozessen, die Verbesserung der Kommunikation oder die Verbesserung der Benutzeroberfläche beinhalten. Entwickeln Sie auch ganz neue Ideen zur Schaffung neuer oder ergänzender Angebote entlang des Kundenprozesses.
6. Umsetzung und Überwachung: Implementieren Sie die Verbesserungsstrategien / setzen Sie Ideen um und überwachen Sie deren Wirksamkeit / Erfolg im Laufe der Zeit. Analysieren und passen Sie Strategien basierend auf Kundenfeedback und Leistungsdaten kontinuierlich an.
Fazit: Nicht einfach B2C-Strategien replizieren
Die Entwicklung hin zu einer CX-fokussierten Strategie erfordert eine deutliche Verschiebung des organisatorischen Denkens und der Prozesse. Dabei geht es nicht nur darum, neue Rollen einzuführen oder bestehende Prozesse kosmetisch anzupassen, sondern auch darum, eine unternehmensweite Denkweise zu pflegen, die auf Kundenorientierung, Lösungsbereitstellung und kontinuierliche Verbesserung setzt. Im Wesentlichen geht es beim CX-Management im B2B nicht darum, B2C-Strategien zu replizieren. Vielmehr muss das Unternehmen die einzigartigen Dynamiken in seinem Markt verstehen, um Strategien und Abläufe an Kundenbedürfnissen und -erwartungen auszurichten. Diese transformative Reise ist anspruchsvoll und läutet eine neue Ära der B2B-Exzellenz, Differenzierung und Wettbewerbsfähigkeit ein.
(Erstpublikation: Organisator Nr. 11-12, November 2023)