Digitale Transformation: Schön und gut – aber wo fange ich an?
Alle reden über Digitale Transformation. Aber was bedeutet das für Unternehmen? Worauf sollten sie achten? Und was lässt man lieber bleiben? Migros-Industrie zeigte am 33. Business Breakfast der FFHS auf, wie es der «orange Riese» mit seinen über 20 Produktionsunternehmen macht.
Industrie 4.0 war einst ein Modebegriff. Aber das ist schon lange her. Heute versuchen auch Unternehmen in eher traditionellen Industriebereichen, ihre Produktivität mithilfe von vernetzten Technologien und grossen Datenmengen zu steigern. «Wir wurden beauftragt eine Digitalstrategie zu entwerfen, nachdem die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den Begriff Industrie 4.0 neu prägte», erinnert sich Christoph Merle, «das war im Jahr 2014».
Christoph Merle, Leiter des eXcellence Teams, der internen Beratung der Migros-Industrie, war einer der Mitinitiatoren der digitalen Transformation bei der Migros-Industrie. Die Gruppe besteht aus über 20 Produktionsunternehmen in der Schweiz und im Ausland und bringt über 20’000 Food- und Non-Food-Produkte auf den Markt und in den Alltag von vielen Schweizerinnen und Schweizern. «Wir haben schnell gemerkt, dass es mit einer Digitalstrategie irgendwie nicht funktioniert», blickt Christoph Merle am FFHS-Business Breakfast zurück. «Weil sich die Möglichkeiten der Digitalisierung so rasch weiterentwickelt, geht es vielmehr darum, die Transformation zu managen und nicht darum, eine Strategie umzusetzen. Das Ganze ist ein Prozess. Und das Entscheidende ist in diesen Prozess einzusteigen, rasch zu lernen und sich laufend weiterzuentwickeln. Grosse Investitionen brauche es dazu zunächst einmal nicht. Mit einfachen Tools, Sensoren von der Stange und Analytics aus der Cloud lassen sich einfach erste Erkenntnisse gewinnen und rasche Erfolge realisieren.
Damit dieser Prozess gelingt, muss sich ein Unternehmen zuerst über ein paar ganz grundsätzliche Fragen Gedanken machen, sagt Prof. Dr. Hagen Worch zu Beginn der Veranstaltung. Der Forschungsfeldleiter «Innovation & Entrepreneurship» am FFHS-Institut für Management und Innovation betont die «gesamtunternehmerische Perspektive», die ein Betrieb dabei einnehmen muss. Wo kann die Digitalisierung helfen, den grösstmöglichen Nutzen für die Kunden zu generieren? Baue ich bestehende Geschäftsbereiche aus oder schaffe ich durch die Transformation neue Felder? Auf der Seite Digitale Transformation werden diese Fragen genauer erläutert. Genauso wichtig, so Worch, sei die Einstellung und die Art und Weise, wie ein Unternehmen an das Thema herangehe. Zu Beginn des Transformationsprozesses müsse man sich bewusst sein, dass sich auch die Arbeitsformen verändern müssen. «Es braucht innerhalb des Unternehmens eine entsprechende Kultur, damit Teams entstehen und wirken können.»
Ueli Eggenberger weiss genau, was Prof. Dr. Hagen Worch damit meint. «Guerilla-mässig» habe er und sein Team bei manchen Tochter-Betrieben der Migros-Industrie die Transformation vorangetrieben, erzählt der Smart Technology Experte. Dabei sei es immer extrem wichtig, den konkreten Business Case einzugrenzen und diesen durch ganz konkrete Lösungsansätze zu verbessern. Ueli Eggenberger zeigt auf, wie er vor allem mit IoT-Lösungen die Prozesse etwa in der Food-Produktion steigern und gleichzeitig die Arbeitsabläufe der dortigen Angestellten vereinfachen konnte. Sein Credo: Die Transformationsprozesse müssen authentisch und für die Mitarbeitenden nachvollziehbar sein. Kein «Digital-Doping» für alles und jeden, sagt Ueli Eggenberger. «Es macht keinen Sinn, ohnehin schon lahme Prozesse digitalisieren zu wollen.» Zudem gäbe es unzählige Konzepte und gut gemeinte Ratschläge. Eggenberger: «Glaubt nicht jeder Folie und schaut nicht immerzu auf die anderen.»
Ein Blick auf die Best-Practice-Beispiele von Migros-Industrie lohnt sich aber sehr wohl. Und Dr. Martina Merkle macht am Business Breakfast deutlich, wie sehr sich Industrie 4.0 rechnet. Die Daten entlang der Wertschöpfungsnetzwerke sind bei Migros-Industrie bereits so gut vernetzt, dass u.a. das Verpackungsvolumen um satte 66 Prozent oder die Zeit für Rüstprozesse in manchen Food-Bereichen dank digitaler Transformation um 25 Prozent reduziert werden konnte. Dr. Martina Merkle ist FFHS-Dozentin im Bereich Unternehmensführung und gleichzeitig Senior Consultant im internen Beratungsteam der Migros-Industrie mit den Arbeitsschwerpunkten Data Analytics und Organisationsentwicklung. Den Waren- und Informationsfluss zu synchronisieren und damit die Koordination zwischen Offline- und Online-Welt zu managen, sei in der Praxis nicht immer ganz so einfach. Entscheidend ist die Datenqualität: «Shit in, shit out», sagt es die Expertin unverblümt. Bei einer schlechten Datenlage bringt auch die beste Technologie nichts.
Im Namen der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) bedanken wir uns für Ihre Teilnahme. Wenn Sie oder Ihre MitarbeiterInnen mehr über digitale Transformation, digitale Geschäftsmodelle, Künstliche Intelligenz, Blockchain oder Führung in der digitalen Transformation erfahren wollen, so werfen Sie doch einen Blick auf die neuen Vertiefungen Digital Business oder Leadership and Sustainability Management des BSc Betriebsökonomie.
Gerne verweisen wir Sie auch noch auf unser anstehendes 34. FFHS-Business Breakfast am 15.04.2021, an welchem wir uns dem Thema «Intrapreneurship im Unternehmen verankern – Wie Innovationen von innen heraus entstehen können» widmen werden.