Der innere Kompass: Ethisch Führungsfunktionen wahrnehmen
Moral und Prinzipien sind in Unternehmen immer stärker im Fokus. Doch an welchen Werten soll man sich als Führungskraft orientieren und wie handeln? Die Autorin Hannah Instenberg, Studiengangsleiterin des MAS Arbeit 4.0 an der FFHS, beschreibt hier für uns, was ethische Führung beinhaltet und wirklich bedeutet. Sie gibt auch Tipps für die Praxis.
Durch die Förderung von Chancengleichheit und fairen Umgang wird das Engagement, die Loyalität und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöht und langfristig resultiert ethische Führung in nachhaltigem Unternehmenserfolg. (Foto: Campaign Creators)
Führungskräfte treffen tagtäglich Entscheidungen – nicht nur bei klar definierten Fragen, sondern auch wenn es darum geht, nach welchen moralischen Prinzipien sowie persönlichen und unternehmerischen Werten sie ihre Mitarbeitenden führen. Dabei sind stets die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf die beteiligten und betroffenen Personen, aber auch auf das erweiterte Umfeld und vielleicht sogar auf die Gesellschaft als Ganzes zu berücksichtigen. Wird nun die Tragweite einer Entscheidung gesamthaft betrachtet und das Verhalten an den Grundsätzen von Rechtschaffenheit, Integrität, Fairness und Verantwortungsbewusstsein ausgerichtet, haben wir einen Ansatz, was ethische Führung bedeutet.
Im Detail bedeutet dies:
• Rechtschaffenheit: Ethische Führungskräfte handeln ehrlich und transparent, vermeiden Täuschung sowie Bevor- bzw. Benachteiligungen. Sie stehen zu ihren Werten sowie denen des Unternehmens und treffen Entscheidungen, die rechtlich und moralisch einwandfrei sind. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nach OR 328 bildet dabei den Grundstein, indem der Schutz an Leib und Leben, Eigentum sowie körperlicher, sexueller und geistiger Integrität selbstverständlich sind. Bei der hier gemeinten Rechtschaffenheit geht es vielmehr um jegliches Tun und Handeln, was die Führungskraft mit Stolz und ohne zu zögern offenlegen könnte.
• Integrität: Ethische Führungskräfte halten konsequent an moralischen und ethischen Normen fest, auch wenn dies schwierig ist. Sie handeln im Einklang mit ihren Werten und Prinzipien, wobei ihre Taten stets mit ihren Worten übereinstimmen. Ehrlichkeit ist zentral: Führungskräfte sagen die Wahrheit und kommunizieren klar und vollständig. Ihre Verlässlichkeit schafft Vertrauen, da Mitarbeiter wissen, dass Zusagen eingehalten werden. Der Mut zur Wahrheit zeichnet sie aus, selbst wenn es darum geht, unangenehme Fakten auszusprechen. Sie übernehmen Verantwortung für ihre Entscheidungen und gestehen Fehler ein. Bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen sie das Wohl aller Betroffenen und Beteiligten, statt nur auf kurzfristigen Gewinn oder persönliche Vorteile zu achten.
• Fairness: Alle Mitarbeiter*innen und Stakeholder*innen werden gerecht und ohne Vorurteile behandelt. Ethische Führungskräfte fördern aktiv die Chancengleichheit, indem sie sicherstellen, dass alle Mitarbeiter*innen unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Alter oder anderen persönlichen Merkmalen die gleichen Möglichkeiten zur Entwicklung und zum Aufstieg im Unternehmen haben. Sie setzen sich dafür ein, dass Belohnungen und Ressourcen gerecht und transparent verteilt werden. Fairness bedeutet auch, dass Entscheidungen, insbesondere solche, die die Karriere und das Wohl der Mitarbeiter*innen betreffen, objektiv und unparteiisch getroffen werden. Sie hören auf die Anliegen und Feedbacks der Mitarbeiter*innen und schaffen ein Umfeld, in dem jeder respektiert und wertgeschätzt wird.
• Verantwortungsbewusstsein: Ethische Führungskräfte übernehmen Verantwortung für ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen. Dies bedeutet, dass sie sich der Konsequenzen ihrer Handlungen bewusst sind und stets versuchen, positive Beiträge zu leisten. Dabei berücksichtigen sie ökologische sowie soziale Aspekte und engagieren sich für nachhaltige Praktiken.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ethische Führung bedeutet, Entscheidungen umfassend zu betrachten und sie an den zuvor genannten Grundsätzen auszurichten. Diese Art der Führung schafft ein vertrauensvolles, respektvolles Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeiter wertgeschätzt und motiviert fühlen. Durch die Förderung von Chancengleichheit und fairen Umgang wird das Engagement, die Loyalität und die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöht, was zu höherer Produktivität und geringerer Fluktuation führt. Verantwortungsbewusstsein in der Führung stärkt das Unternehmensimage und fördert die Treue der Kunden. Langfristig resultiert ethische Führung in nachhaltigem Unternehmenserfolg, da sie zur positiven Wahrnehmung des Unternehmens in der Gesellschaft beiträgt und dessen soziale Verantwortung unterstreicht.
Tipps für die Praxis
In grösseren KMU oder Grossunternehmen finden wir heute meist öffentlich auf der Webseite die Unternehmensleitlinien oder auch die Führungsgrundsätze niedergeschrieben. Die moralischen Prinzipien und Werte, nach denen im Unternehmen zusammengearbeitet wird, sind den zuvor beschriebenen Grundsätzen oftmals nicht unähnlich. Interessant kann es werden, wenn man diese Zeilen mit den öffentlichen Unternehmensbewertungen vergleicht, aber dies nur als humoristische Bemerkung am Rande.
Mit einer differenzierten, aussagekräftigen und authentischen Beschreibung der unternehmensinternen Grundsätze kann man schon nach aussen hin die passenden Mitarbeitenden und Kundengruppen anziehen. Wichtig ist dabei einerseits die Ausformulierung der Grundsätze, weil viel in bestimmte Kernaussagen hineininterpretiert werden kann und andererseits jene Werte hervorzuheben, die die Unternehmens- oder Führungskultur tatsächlich beschreiben.
Legen diese Grundsätze den Ursprung einer ethischen Führung nahe, macht man sich im allgemeinen als Arbeitgeber*in und Unternehmen im Allgemeinen attraktiv – auch wenn deren Umsetzung vielleicht nicht in jeder Unternehmenslage leichtfällt. Doch in jedem Fall lohnt es sich nach ihnen zu streben.
(Erstpublikation: HandelHeute, Nr. 3, Juni 2024)