Kolumbianische Kaffeequalität mit Schweizer Wurzeln
Im Alter von 17 Jahren reiste Maite Amrein Diaz aus Kolumbien in die Schweiz, um im Geburtsort ihres Vaters Deutsch zu lernen und zu studieren. Heute ist die 26-Jährige Firmeninhaberin von «Amrein Specialty Coffees» und vermarktet die Kaffeebohnen ihrer Familie in der ganzen Schweiz. Die Grundlagen für ihre erfolgreiche Selbständigkeit vermittelte ihr das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FFHS.
Maite Amrein vertreibt die Bohnen ihrer Familie unter dem Label Amrein Specialty Coffees in der Schweiz.
Umgeben von der rauen Schönheit der Anden verbrachte Maite Amrein Diaz ihre Kindheit und Jugend auf einer Finca in Südkolumbien. Ein Umfeld, geprägt durch den familieneigenen Anbau von Kaffee, Bananen, Avocados und Zitrusfrüchten, doch auch durch Drogen und Kriminalität. Früh stand fest, dass Maite nicht für immer in Kolumbien bleiben würde, sondern irgendwann in der Schweiz studieren sollte. Denn ihr Vater stammte aus Luzern und alle drei seiner Kinder besassen neben dem kolumbianischen auch den schweizerischen Pass. «Meinem Vater war es wichtig, dass wir eine gute Ausbildung in einem sicheren Land absolvieren. In Samaniego, wo ich aufgewachsen bin, floriert neben dem Kaffeeanbau auch jener von Koka, aus dem unter anderem Kokain hergestellt wird», erklärt Maite Amrein Diaz. «Aus diesem Grund kommt es in der Gegend immer wieder zu schweren Gewalttaten und Kartell-Kriegen.»
Über Umwege in die Schweiz
So reiste Maite nach Abschluss ihrer Matura mit 17 Jahren in die Schweiz, um Deutsch zu lernen. «Ich stellte schnell fest, dass die vier Landessprachen und vielen Dialekte dieses Vorhaben nicht gerade vereinfachten.» Daher entschied sie sich, für ein Jahr als Au-pair in Deutschland zu arbeiten, wo sie sich verliebte. Den Wunsch, Betriebswirtschaftslehre in München zu studieren, machte der plötzliche Tod des Vaters zunichte. Hochschwanger reiste Maite mit 19 Jahren nach Kolumbien, um für ihre Familie da zu sein und verlor durch die Abwesenheit während der Assessmentphase ihren Studienplatz an der Uni. Auch mit der Liebe klappte es nicht und Maite war auf sich allein gestellt. Doch die Ziele der jungen Frau waren gesteckt: Nach einigen Monaten kehrte sie in die Schweiz zurück, um in der Nähe ihrer beiden Schwestern zu leben, und bemühte sich erneut um einen Studienplatz. Vorerst vergeblich, denn die meisten schweizerischen Universitäten erkannten ihre kolumbianische Matura nicht an.
«Ich bin sehr stolz, dass ich das Wissen, das ich mir an der FFHS angeeignet habe, praktisch anwenden und dadurch meine Familie unterstützen kann.»
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Von der Fernfachhochschule erfuhr Maite per Zufall, als ihr Schwager an einem Plakat hängen blieb und dabei an sie dachte. Die Recherche im Internet und ein Vorgespräch überzeugten Maite, dass das Studium an der FFHS genau das Richtige für sie sei. Dort erhielt Maite die Gelegenheit, sofort mit dem Studium der Betriebswirtschaftslehre zu beginnen. «Für mich war das ein grosser Glücksfall, denn so hatte ich die Möglichkeit, mich gleichzeitig um meine Tochter zu kümmern, zu arbeiten und zu studieren», erinnert sich die Alleinerziehende. «Die Wochenenden an der FFHS empfand ich als sehr bereichernd, denn dieStudierenden brachten fast allesamt Berufserfahrung mit, was zu einem regen und inspirierenden Austausch untereinander und mit den Lehrpersonen führte.» Während Maite zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war, fand sie bald zu einer Schweizer Kaffeemarke, die sie in ihrer Kommunikation mit den spanischsprachigen Anbaugebieten unterstützte.
In verschiedenen Kursen bildet sich Maite Amrein regelmässig weiter und hilft mit ihrem Wissen lokalen Kaffeebauern in Kolumbien.
Vom Studium in die Selbständigkeit
Heute steht Maite kurz vor Abschluss ihres Bachelorstudiums. Der Duft ihrer Kindheit inspirierte sie nicht nur zu ihrer Bachelorarbeit über Qualitätskriterien beim Kaffeeanbau, sondern auch zum Schritt in die Selbständigkeit. Mit ihrer Firma «Amrein Specialty Coffees» vertreibt die 26-Jährige unter dem Label «Quimbaya Café» den Kaffee, den ihre Familie in Kolumbien anbaut. «Bei unserem Familienunternehmen in fünfter Generation kenne ich die Wertschöpfungskette von der Bohne über die Veredelung und den Verkauf und kann dadurch für höchste Qualitätsstandards garantieren.» Was zunächst als Nebenerwerb begann, wuchs nach mehreren Zeitungsberichten und der Möglichkeit, ein Kaffee-Atelier in Belfaux, im Kanton Freiburg, zu eröffnen, schnell zu einer Vollzeitbeschäftigung. Mittlerweile ist Quimbaya Café auch für Endkonsumenten in mehreren Geschäften in Biel und Fribourg erhältlich. «Ich bin sehr stolz, dass ich das Wissen, das ich mir an der FFHS angeeignet habe, praktisch anwenden und dadurch meine Familie und andere Bauern in Kolumbien unterstützen kann.»
Wissen und lehren
Einmal im Jahr reist Maite an ihren Geburtsort, um ihre Familie zu besuchen und um Kaffeebauern vor Ort jenes Wissen weiterzugeben, das sie sich in regelmässigen Schulungen aneignet. Auf einer solchen Reise stiess sie auf eine Bäuerin, welche die seltene Kaffeesorte «Yellow Bourbon» anpflanzt, sich deren exquisiten Geschmacks und Qualität jedoch gar nicht bewusst war. Maite half ihr mit ihren Geschäftsbeziehungen, einen fairen Preis für den Kaffee zu erlangen. Zusätzlich berät sie Kaffeebauern aus der Region ehrenamtlich via Skype, wenn diesen Schädlinge oder sonstige Probleme zu schaffen machen. Neben ihrer Rolle als Beraterin, Geschäftsführerin und Mutter bleibt Maite vor allem auch immer eines: Studentin. Sei es bei Kaffee-Workshops oder beim Erlernen ihrer siebten Sprache Italienisch – sich weiterzubilden macht Maite Spass und ist für sie der Schlüssel zum Erfolg. Daher möchte Maite möglichst bald auch ihr Masterstudium an der FFHS in Angriff nehmen.