Dr. Liliana Vas 20.01.2020

Ausgewogene Work-Life-Balance als Ressource gegen Rückenschmerzen

Hatten Sie schon mal Rückenschmerzen? Wenn ja, dann sind Sie «in guter Gesellschaft». Inzwischen spricht man bei Rückenschmerzen von einer neuen Volkskrankheit und Sitzen sei das neue Rauchen. Was lässt sich dagegen tun? Die Autorin liefert ein paar Tipps.

Rund 75% der Schweizer Bevölkerung zwischen 30 und 60 Jahren hat Rückenschmerzen. Über 60% aller Invalidenanträge werden wegen Rückenschmerzen gestellt. Physisch, psychisch und finanziell ist dies eine Katastrophe nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für den Arbeitgeber – und allgemein für die Schweiz. Deshalb ist es umso wichtiger, den Rückenschmerzen im Alltag – sei es im Büro oder zu Hause – durch eine gute Work­Life­Balance und eine richtige Körperhaltung und kleine Lockerungsübungen sowie durch Sport vorzubeugen.

Sitzen: Das neue Rauchen. Wir sitzen im Tram oder im Auto bei der Fahrt zur Arbeit, dann sitzen wir acht bis zehn Stunden im Büro und weiter geht es mit dem Sitzen daheim auf dem Sofa. Kein Wunder, dass unsere Bauch­ und Rückenmuskulatur erschlafft ist und unsere Fehlhaltungen sowie Fehlbelastungen beim Sitzen unweigerlich zu Rü­ckenschmerzen führen können. Bei starken Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich wird sogar das Anziehen von Socken oder Schuhen zur richtigen Tortur, und dies führt dann zu Absenzen bei der Arbeit. Die Einzigen, die hiervon profitieren, sind die Hausärzte. Sie schlagen Alarm, weil jede zweite Person sich wegen Rückenschmerzen bei ihnen meldet. Die Statistik in der Schweiz belegt dies, denn rund 80% der Frauen und rund 70% der Männer zwischen 30 und 60 Jahren sind von Rückenschmerzen betroffen. Bei rund 60% der Personen mit Rückenschmerzen kehrt dieses Problem immer wieder zurück. Zudem besteht bei rund 60% der Betroffenen ein Zusammenhang zwischen den Schmerzen und dem (sitzenden) Beruf

Wenn die Schmerzen mal da sind, dann helfen Wärmeflaschen, Massagen, Chiropraktiker und Sport treiben. Vor allem Letzteres ist wichtig und kann den Schmerzen vorbeugen oder sie lindern. Sport, egal, welchen Sport man ausübt, ist die beste Methode, um Schmerzen loszuwerden sowie die erschlaffte Bauch- und Rückenmuskulatur wieder aufzubauen und zu stärken. Eine weitere wichtige Prävention ist, die Fehlhaltung im Büro zu korrigieren. Ich hatte
kürzlich selbst ein einschneidendes Erlebnis: Nach meinen wunderschönen Tauchferien bekam ich nach einem Tag im Büro am Abend bereits leichte Rückenschmerzen. Auch als Expertin ist
man vor einer Fehlbelastung nicht geschützt ... Wie kann man also eine gute Work-Life-Balance im Alltag umsetzen, damit die Rückenschmerzen nicht auftreten?

1. Achten Sie auf eine gerade Haltung!
Eine ausgewogene Work-Life-Balance beginnt mit einer richtigen Haltung und einem rückenschonenden Bewegungsablauf: Beim Sitzen im Büro ist dies leichter gesagt als getan, aber dies ist eine Trainingssache. Beim Sitzen sollten die Ober- und Unterschenkel einen rechten Winkel bilden und das Gleiche gilt für die Ober- und Unterarme sowie die Hände auf der Tastatur.
Lehnen Sie sich am Bürostuhl an und ändern Sie immer wieder mal Ihre Sitzposition. Versuchen Sie, eine Art Routine reinzubringen, denn dies hilft, die Haltung und die Bewegungsabläufe zu verbessern. Aus diesem Grund sollten Telefonate, Brainstormings oder Meetings im Stehen durchgeführt werden.

2. Bewegen und strecken Sie sich viel im Büro!
Jede Stunde vom Arbeitsplatz aufstehen tut gut. Strecken Sie sich im Büro und allgemein einmal pro Tag, das ist wohltuend. Nutzen Sie den Stehtisch und nutzen Sie die Treppe statt den Lift. Wer sich am Arbeitsplatz regelmässig reckt und streckt sowie immer wieder aufrichtet und kleine Stehpausen oder Dienstwege zum Kopierer, zum Papierkorb oder um das Gebäude einlegt, hält
seinen Rücken fit.

3. Treiben Sie Sport!
Mindestens zweimal pro Woche sollten Sie Sport treiben. Jede Art von Bewegung fördert den
Stoffwechsel der Bandscheiben und kräftigt die Muskeln. Beim Sport werden Glückshormone freigesetzt und die schlechte Laune verschwindet sofort beim Auspowern. Danach fühlen wir
uns nicht nur entspannt, sondern haben auch ein Erfolgserlebnis – man hat ja etwas Gesundes getan. Für Sportmuffel sind Pilates, Yoga oder Meditation eine gute Option, um nach der Arbeit
herunterzufahren und den Körper sanft, aber aktiv zu bewegen. Generell sehr wirksam gegen Rückenschmerzen sind: Schwimmen (Kraul oder Rückenschwimmen), sanftes Joggen und Walking, längere Spaziergänge, Pilates oder Gesundheitstrampolin. Falls Sie noch keinen Sport treiben, dann nehmen Sie sich nach dem Lesen des Artikels die Zeit, um sich für einen Sportkurs anzumelden.

4. Laptop richtig in der Tasche tragen!
Beim Tragen einer Tasche mit Laptop oder auch des Einkaufs sollte die Last gleichmässig verteilt werden.

5. Tragen Sie das richtige Schuhwerk.
Ein Tipp für die Damen: So schwer dies auch fällt, flache Absätze bei den Schuhen entlasten die Wirbelsäule.

6. Entspannungstraining!
Von Massage bis hin zu autogenem Training und Mediation kann dies helfen, Rückenschmerzen vorzubeugen

7. Achten Sie auf eine richtige Erholung zu Hause!
Wir haben alle ein bisschen mehr oder weniger Stress im Büro und im Privatleben. Bei Stress kommen Fehlbelastungen und verkrampftes Sitzen häufiger vor. Für eine ausgewogene Work-Life-Balance ist unsere Freizeit, das regelmässige Abschalten und die Kompensation von Stress, enorm wichtig. Treffen Sie sich regelmässig mit Freunden, unternehmen Sie Ausflüge mit der Familie oder Spiele mit den Kindern und treiben Sie regelmässig Sport. Unser Sozialleben und der Ausgleich zum hektischen Arbeitsalltag haben einen sehr starken Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Work-LifeBalance. Dies wiederum kann die Rückenschmerzen im positiven Sinne beeinflussen. Es lohnt sich also, eine gute Work-Life-Balance zu haben und damit
den Alltag, im Beruf- und Privatleben, wesentlich angenehmer zu gestalten.

(Erstpublikation: Zeitschrift «Organisator, 12/2019»)

Autorin

Dr. Liliana Vas

war bis im Frühjar 2020 Leiterin der Weiterbildung MAS Gesundheitsförderung an der FFHS und arbeitet nun als selbstständige Psychologin mit eigener Praxis.