School must go on - Die Learnings aus der Krise
Nach Beginn der Coronakrise in der Schweiz ging es Schlag auf Schlag: Schulen wurden geschlossen, Homeoffice und Fernunterricht Realität. Wie hat die FFHS den Wechsel von Präsenz- auf Onlineunterricht so schnell bewerkstelligt? Und wird das virtuelle Klassenzimmer zum Normalfall? Sechs Learnings aus der Krise.
1. Frühzeitig Szenarien entwickeln lohnt sich
Die FFHS hatte bereits einen Tag vor dem Bundesratsentscheid vom 13. März beschlossen, komplett auf Onlineunterricht umzustellen. Dem voraus ging ein gründliches Monitoring der Situation und ein Stresstest des Ist-Zustandes. Prof. Dr. Markus Dormann, Leiter E-Didaktik, erinnert sich: «Als sich die Lage Anfang März zuspitzte war absehbar, dass es sich rasant und negativ entwickeln könnte. Mittels eines Krisenteams haben wir zu diesem Zeitpunkt begonnen, uns auf verschiedene Szenarien vorzubereiten ». Das Departement E-Didaktik der FFHS evaluierte verschiedene Software-Lösungen, initiierte Testphasen mit einzelnen Dozierenden und machte sich daran, Supportlösungen zu entwickeln. Zwischen dem Entscheid der Direktion vom Donnerstagabend und dem ersten Onlineunterricht am Samstag war die Zeitspanne für die Umstellung denkbar knapp, doch dank der Vorbereitung und zahlreicher Überstunden konnte sie erfolgreich gemeistert werden.
2. Support ist die halbe Miete
Wenn um die 400 Dozierenden ihren geplanten Präsenzunterricht ad hoc umstellen müssen, ist eine gute Unterstützung im Bereich E-Didaktik vonnöten. Klappt die Technik, so gehen Dozierende und Studierende mit einem sicheren Gefühl in den Live-Onlineunterricht. «Wir nutzen aktuell ‹Newrow›, ein stabiles Tool, das eine intuitive Bedienung gewährleistet und wichtige didaktische Funktionen bietet», erklärt Dormann. Das Tool bietet interaktive Möglichkeiten wie etwa Gruppenräume, ein Abspielen verschiedener Medienformate > oder eine Webcam-Unterstützung. Mittels eines Moodle-Kurses und Online-Sprechstunden hat das Learning Center sichergestellt, dass jeder Dozent und jede Dozentin die Software für den Onlineunterricht kennenlernen und mit den Studierenden testen konnte. Insbesondere die Unterstützung in der Anfangsphase wurde von den Dozierenden hoch geschätzt, wie die zahlreichen Rückmeldungen bestätigten.
3. Der Student muss im Zentrum bleiben
Die Technik allein macht jedoch noch keinen guten Onlineunterricht aus. Eine gründliche didaktische Planung ist noch elementarer als im Präsenzunterricht. Die interaktiven Möglichkeiten wie Gruppenarbeiten müssen gut vorbereitet sein, sollen sie auch online funktionieren. Und so gilt auch für den Onlineunterricht, was ohnehin ein Gütekriterium des Blended Learnings an der FFHS ist: Der Student muss ins Zentrum gesetzt werden, nur so findet genügend Interaktion und Kommunikation zwischen allen Beteiligten statt. Um genau diese Aspekte im Onlineunterricht realisieren zu können, hat das Learning Center nach dem vollzogenen Wechsel zusätzliche didaktische Sprechstunden angeboten, die von den Dozierenden rege genutzt wurden.
4. Wir sind alle im selben Boot
Die FFHS hat gegenüber anderen Bildungsinstitutionen den Vorteil der jahrelangen profunden E-Learning- Erfahrung. Entsprechend kamen auch viele Anfragen von anderen Bildungsanbietern in Bezug auf Onlineunterricht. Um ihre Expertise mit anderen zu teilen, rief die FFHS kurzfristig eine Webinar-Reihe für Lehrpersonen und Bildungsverantwortliche ins Leben. «Die dringendste Frage der Teilnehmer war sicherlich, wie man einen solchen Goingonline-Prozess erfolgreich meistert und wie man alle Beteiligten dabei mitnehmen kann», fasst Markus Dormann zusammen. Verschiedenste individuelle Bedürfnisse aller Stakeholder spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Sichtweise der jeweiligen Schule als Ganzes. Der Austausch mit externen Bildungsvertretern war und ist sehr wertvoll und hat verdeutlicht, dass in dieser aussergewöhnlichen Lage alle gemeinsam in einem Boot stecken.
5. Wir sind soziale Wesen – auch online
Auch wenn die Krise gezeigt hat, dass die Umstellung auf Onlineunterricht und Homeoffice in vielen Bereichen sehr gut funktioniert – die soziale Komponente kann leiden. Bei allen interaktiven Möglichkeiten des virtuellen Klassenzimmers bleibt die Gefahr, dass die Anonymität steigt, je länger der persönliche Kontakt ausbleibt. Psychologe Dr. Tobias Heilmann, Studiengangsleiter MAS Wirtschaftspsychologie, hält fest: «Wir sind soziale Wesen. Wir wollen uns persönlich treffen, gemeinsam lernen. Das muss man auch spüren und kultivieren können». Seiner Meinung nach sind dies evolutionäre Errungenschaften, die wir nicht so einfach ablegen können. Für den Aufbau eines nachhaltigen Netzwerkes etwa wird der unmittelbare Austausch immer wichtiger sein, als wenn man nur online mit Personen agiert.
6. Online- wird den Präsenzunterricht nicht ersetzen, aber unterstützen
So wird auch nach Einschätzung von Markus Dormann der direkte persönliche Kontakt zwischen Dozierenden und Studierenden (auch untereinander) eine wichtige Komponente für erfolgreiches Lernen bleiben. Die FFHS verfolgt seit jeher den Blended Learning-Ansatz von 80% online und 20% Präsenz. Der soziale Austausch spielt eine bedeutsame Rolle, und ist für viele Lernende wichtig. «Deshalb schätzen wir und unsere Studierenden unter Normalbedingungen unsere Präsenzphasen an unseren einzelnen Standorten», so Dormann. In Hinblick auf den gesamten Bildungssektor sieht der E-Didaktik- Experte die Krise als Chance: «Der Widerstand gegen Onlineunterricht, der bei einzelnen Lehrpersonen zu spüren war, ist aktuell kaum noch wahrzunehmen. Dies erweitert für die Zukunft die Möglichkeit, Lernen mit digitalen Mitteln zu unterstützen. Schlussendlich geht es darum, wissbegierigen Menschen ein Lernen zu ermöglichen, sodass sie sich in einer digitalisierten Welt möglichst gut zurechtfinden. Wir sollten dafür alle verfügbaren Tools nutzen, um genau das zu fördern.»