Was macht gute Führungspersönlichkeiten aus?
Studiengangsleiterin des Executive MBA, Claudia Stadelmann-Keller, gibt im Interview mit Bildung Schweiz Auskunft darüber, was eine gute Chefin, einen guten Chef auszeichnet und wie es gelingt, sich in Leadership weiterzubilden.
(Quelle: Markus Spiske – Unsplash)
Frau Stadelmann Keller, was zeichnet einen guten Chef aus?
Diese Frage kann seitenfüllend beantwortet werden und hängt davon ab, wer befragt wird. Die Unternehmung würde antworten: «Die Zielerreichung und geringe Fluktuation», der Mitarbeiter würde antworten: «Die Visionen, das inspirierende vorbildliche Verhalten und die Motivationsfähigkeit» und der Chef selber würde antworten: «Zufriedene, loyale und motivierte Mitarbeiter und erreichte Ziele.»
Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Eigenschaften von Führungskräften?
Reflexionsbereitschaft und der Wille, an sich zu arbeiten und sich weiter zu entwickeln.
Welche Bedeutung kommt dabei den verschiedenen Führungsmodellen zu?
In der Forschung zeigen die Führungsmodelle klar auf, welche Verhaltensweisen und Eigenschaften des Vorgesetzten einen positiven Einfluss haben und welche nicht. Diese bilden daher die Basis für Empfehlungen für die Praxis. Seriöse Weiterbildungen sollten sich also stets auf Forschungsbefunde abstützen und nicht einem Hype oder irgendwelchen Einzelfallevidenzen folgen.
Welche Rolle spielt der Einbezug von verschiedenen Standpunkten und Erfahrungen im Team im Sinne einer partizipativen Führung?
Bekanntermassen führt der partizipative Führungsstil, auch wenn einer veralteten Führungstheorie angehörend, zu motivierten Mitarbeitenden, verhindert aber schnelle Entscheide. Je nach Situation kann dieser Führungsstil angebracht sein, beispielsweise wenn die Motivation der Mitarbeitenden gefördert werden soll. In anderen Fällen, zum Beispiel in dringlichen Situationen oder wenn den Mitarbeitenden das Know-how für Entscheide fehlt, muss ein anderer Führungsstil praktiziert werden.
Wie wichtig ist der persönliche Kontakt, welche Bedeutung kommt dem Digital Leadership zu?
Eine aktuelle Studie (Scholl et al., 2020) zeigt, dass Vorgesetzte («power-holders») im persönlichen Kontakt mehr Verantwortung für andere wahrnehmen als im digitalen. Das bedeutet in der Folge, dass dem Digital Leadership eine grosse Bedeutung zukommt, um dieses soziale Defizit zu verbessern. Zum einen, indem Führungskräften diese Problematik überhaupt erst bewusst wird, und zum anderen, indem sie Techniken lernen, dies zu verbessern.
Wie gelingt es, dass sich Mitarbeiter in einem Unternehmen wohl fühlen und langfristig motiviert bleiben?
Gemäss Day und Gu (2014) ist Wohlbefinden eng verbunden mit Vertrauen, Zugehörigkeitsgefühl und Arbeitszufriedenheit. Diese Komponenten lassen sich beispielsweise gemäss dem Führungskonzept der transformationalen Führung nach Bass (1985) durch folgende Verhaltensweisen positiv beeinflussen: Vermittlung von attraktiven Visionen und Vorstellungen von zukünftigen Entwicklungen, Anregung zu kreativem und innovativem Denken, Tolerierung von Fehlern, partnerschaftliche und transparente Kommunikation, Glaube an die Fähigkeiten der Mitarbeiten, usw. Andere Führungsmodelle wiederum thematisieren weitere Verhaltensweisen und deren positiven Einfluss auf Wohlbefinden und Motivation, welche in der Führungsforschung in Bezug auf unterschiedlichste Kontexte wie Firmengrösse, Kultur, oder Krise untersucht werden. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, sich nicht von irgendwelchen Bauchgefühlen und eigenen Erfahrungen, sondern von der Wissenschaft leiten zu lassen.
Welche Führungsfähigkeiten sind angeboren, welche lassen sich erlernen?
Eigenschaften sind bekanntermassen angeboren und zeitlich stabil, da lässt sich nicht viel daran ändern. Verhaltensweisen lassen sich jedoch erlernen und können Eigenschaften ergänzen oder komplettieren. Ein Beispiel: Extraversion ist ein Prädiktor für erfolgreiche Führung. Ein introvertierter Vorgesetzter kann nun gewisse Verhaltensweisen lernen wie Smalltalk, sich um das Mitarbeiterwohl kümmern, Teamevents organisieren, und damit der Introvertiertheit etwas entgegenwirken. Er wird jedoch dadurch nicht plötzlich extrovertiert.
Wie es gelingt sich in Leadership weiterzubilden und wo werden solche Seminare angeboten?
Viele Forschungsbefunde belegen, dass die Intelligenz nach wie vor der beste Prädiktor für den Führungserfolg ist. Das mag nun für einige Führungskräfte eine schlechte Nachricht sein, aber in diesem Befund liegt auch eine Chance: Die Intelligenz setzt sich aus vielen Facetten zusammen und viele davon sind erlernbar. Will heissen: JEDE Art der Weiterbildung und das Lernen per se dient der Erweiterung der Intelligenz und trägt damit zum Führungserfolg bei.