Immungestärkt durch den Winter
Gemüse, Vollkorngetreide und Nüsse – eine nährstoffreiche Nahrung kann uns helfen das Immunsystem zu stärken. Jeannine Langenegger, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Prävention an der FFHS, hat einige Tipps für die Winterzeit.
Vorsorge ist in Bezug auf das Immunsystem wirksamer als Nachsorge. Erwischt es einen dennoch gilt: viel trinken und sich Ruhe gönnen.
Jeannine Langenegger, Winterzeit heisst oft Grippezeit. Kann ich durch eine gesunde Ernährung solchen «Winterkrankheiten» vorbeugen?
Vorsorge ist auch in Bezug auf das Immunsystem wirksamer und besser als Nachsorge. Wenn wir den Körper durch das Jahr hindurch gut versorgen mit nährstoffreicher Nahrung, können wir die Bakterien und Viren besser abwehren. Solche Nährstoffe sind etwa Vitamin A, C, D, Zink, Eisen oder Proteinen. Natürlich gibt es noch weitere wichtige Nährstoffe in diesem Zusammenhang.
In welchen Lebensmitteln stecken diese Nährstoffe?
Jedes Lebensmittel hat seine eigenen Vorzüge in der Nährstoffzusammensetzung. Unseren Tagesbedarf an Vitamin C können wir beispielsweise mit knapp 100 Gramm Brokkoli bereits abdecken, während Zink in Fleisch, Hartkäse und Nüssen vorhanden ist. Grundsätzlich gilt: wir sollten uns vielseitig, farbig und saisonal ernähren, um uns ausreichend mit all diesen Nährstoffen zu versorgen.
Geben Sie uns ein paar Beispiele, die pro Tag zu einer guten Abdeckung aller beteiligten Nährstoffe im Immunsystem führen.
Mindestens 1,5 Liter Wasser oder ungesüssten Tee trinken hält die Schleimhäute im Mund und den Magendarmtrakt feucht und funktionsfähig. Fünf Portionen Gemüse und Früchte enthalten eine Vielzahl von Vitaminen und Mineralstoffen, sowie sekundäre Pflanzenstoffe und Nahrungsfasern. Um den Proteinbedarf zu decken, brauchen wir drei Portionen Milchprodukte täglich und eine zusätzliche Portion Fleisch, Geflügel, Fisch, Eier, Tofu, Quorn, Weizen- oder Erbseneiweissprodukte. Zudem empfehle ich täglich Nüsse, Samen oder Kerne, sowie Vollkorngetreide und pflanzliche Fette wie Raps-, Lein oder Olivenöl zu verzehren.
«Grundsätzlich gilt: wir sollten uns vielseitig, farbig und saisonal ernähren.»
Was halten Sie von ergänzenden Präparaten, etwa Vitaminen?
Bevor ich Nahrungsergänzungsmittel empfehle, sollte immer zuerst die Basis, also die tägliche Ernährung, optimiert und angepasst werden. Meist ist das unangenehm, da ich mein eigenes Verhalten reflektieren und anschliessend anpassen muss. Wir Menschen sind oft bequem und ungeduldig und wünschen uns eine schnellstmögliche Veränderung. Da setzt das Marketing von Nahrungsergänzungsmitteln an: Sie versprechen uns durch eine einfache Einnahme von Nähr- und Pflanzenstoffen eine schnelle Besserung von Symptomen oder sogar, dass diese gar nicht erst auftreten. Die Studienlage zeigt jedoch, dass wir uns ausreichend mit Nährstoffen abdecken können, wenn wir uns an die Empfehlungen einer ausgewogenen Ernährung der Schweizerischen Gesellschaft der Ernährung halten. Somit sind Nahrungsergänzungsmittel in den meisten Fällen überflüssig. Eine Ausnahme gibt es allerdings.
Die da wären?
Aufgrund der vorhandenen Studienlage empfehlen wir in der Schweiz in den Wintermonaten gewissen Risikogruppen eine Vitamin D-Supplementation. Grund dafür ist, dass wir Vitamin D nur zu 20 Prozent über die Nahrung aufnehmen. 80 Prozent produziert unser Körper selbst, dazu brauchen wir jedoch genügend Sonneneinstrahlung auf der Haut und dies täglich bis zu 20 Minuten. Dies erreichen wir im Winter oftmals nicht. Zu den Risikogruppen gehören Säuglinge, Kinder und Jugendliche, sowie Schwangere und Seniorinnen und Senioren.
Wenn es einen dennoch erwischt, dauert es im Winter manchmal lange bis man wieder auf die Beine kommt. Was hilft?
Dazu wird viel geforscht. Am bewährtesten ist immer noch die Strategie, sich Ruhe und Erholung zu schaffen, indem wir genug schlafen und die Arbeit auch einmal liegen lassen. Zudem darf das Sport- und Bewegungsprogramm in der Akutphase auch mal pausieren. Viel Trinken und wenn möglich auch in dieser Phase den Körper ausreichend mit Nährstoffen versorgen, lohnt sich. Die Studienlage zeigt keine einheitlichen Ergebnisse in Bezug auf eine Verkürzung der akuten Erkältungsphase bei einer zusätzlichen Einnahme von Vitamin C als Nahrungsergänzung, sodass ich dies nicht empfehle. Aus einem anderen systematischen Review geht hervor, dass eine Zinksupplementation in der Akutphase die Dauer der Erkältung reduzieren kann. Aber auch hier ist die Evidenzlage und der Kosten-Nutzen-Effekt für mich noch zu gering.
Falls sogar eine Antibiotika-Behandlung nötig ist, haben viele danach noch mehr zu kämpfen, weil das Medikament bekanntlich auch die guten Bakterien vernichtet.
Das stimmt leider. Viele Menschen haben als Nebenwirkung nach einer Antibiotikabehandlung mit Durchfällen zu kämpfen oder berichten von anderen Symptomen, da der Darm ohne seine guten und schützenden Darmbakterien ganz schön durcheinanderkommt. Ich persönlich empfehle grundsätzlich allen, auch meinen Kindern, nach Antibiotika den Darm wieder aufzubauen mit einem entsprechenden Probiotika-Präparat oder sonst mit einer ausgewogenen Ernährung, welche auch Pro- und Präbiotika enthält. Probiotika haben wir zum Beispiel in Naturejoghurt, Essiggurken Sauerkraut, Kimchi oder Buttermilch. Präbiotika sind Nahrungsfasern wie Inulin und Oligofruktose, welche als Nahrung für die guten Darmbakterien dienen, damit sich diese vermehren können. Dazu gehören zum Beispiel Vollkornprodukte, Gemüse und Früchte.