Priska Burkard und Prof. Dr. Beatrice Paoli 01.03.2024

Fachkräftemangel im Bereich Cybersicherheit

Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung weltweit haben die Zahl der Cyberbedrohungen dramatisch erhöht. In der Schweiz, einer Vorreiterin in Finanz- und Technologiefragen, steht die Cybersicherheit vor einer wachsenden Herausforderung: dem Fachkräftemangel. Dieser Artikel analysiert die Ursachen, Folgen und diskutiert Lösungsansätze.

Die Cybersicherheitsbranche wächst rasant. In einer zunehmend digitalen Welt ist der Schutz digitaler Infrastrukturenfür Unternehmen entscheidend. Die Digitalisierung erweitert nicht nur die Angriffsfläche für Cyberkriminelle, sondern fördert auch innovative Ansätze wie KI, maschinelles Lernen und fortschrittliche Verschlüsselungstechniken. Zusätzlich verschärfen sich regulatorische Anforderungen, was den Bedarf an Fachleuten mit aktuellen Technologiekenntnissen weiter erhöht.

Bedrohungen und Kosten für Unternehmen

Fortinet veröffentlichte 2023 seinen «Cybersecurity Skills Gap Report» basierend auf einer Umfrage unter über 1800 IT- und Cybersicherheit-Entscheidungsträgern in 29 Märkten. Laut dem Bericht steigt die Bedrohungslage für Unternehmen bezüglich Cyberangriffen weiter an. In den letzten zwölf Monaten stieg die Zahl der Unternehmen, die fünf oder mehr Cyberangriffe verzeichneten, um 53 Prozent. 84 Prozent der Befragten waren Opfer von Sicherheitsverletzungen und fast 50 Prozent gaben an, dass die Behebung einer solchen Verletzung ihr Unternehmen über eine Million US-Dollar kostete im Vergleich zu 38 Prozent im Vorjahr. Zudem erwarten 65 Prozent der Befragten in den nächsten zwölf Monaten weitere Cyberangriffe.

Die fehlenden Ressourcen

Laut einer ISC2-Studie von 2023, der führenden Organisation für Cybersicherheitsprofis weltweit, fehlen global fast vier Millionen. Cybersicherheitsmitarbeitende. In der Schweiz stieg die Anzahl offener Stellen im Bereich Cybersicherheit bis 2021 um 21 Prozent. Branchenexperten prognostizieren, dass der Fachkräftemangel in diesem Jahr seinen Höhepunkt erreicht. Unternehmen versuchen, Talente durch attraktive Arbeitsbedingungen zu gewinnen, aber trotz einer voraussichtlichen Entspannung im Kampf um Talente im Jahr 2023 werden nicht alle offenen Stellen besetzt werden können.

Der wahre Feind sind die fehlenden Ressourcen

Fortinet verknüpft den Anstieg von Cyberangriffen mit dem Mangel an qualifiziertem Personal, was zu unbesetzten IT-Positionen und gravierenden Folgen für Unternehmen führt. Eine Gartner-Studie aus 2023 prognostiziert, dass der zusätzliche Stressfaktor für Cybersicherheitsspezialisten zu verstärktem Jobwechsel führen wird, wobei 25 Prozent der Experten bis 2025 in neue Bereiche wechseln könnten. Dies stellt ein weiteres Risiko für die Branche dar, da es schwierig wird, notwendige Ressourcen zu finden und zu halten. In Führungsebenen von Unternehmen ist die fehlende Ressourcenklarheit offensichtlich, da 93 Prozent der befragten Fortinet-Entscheidungsträger angaben, dass das Cybersicherheitsthema vom Vorstand angesprochen werde. Zudem bekundeten 83 Prozent, dass ihre Vorstände mehr CyberSicherheitsexperten einstellen möchten.

Mit konkreten Lösungsansätzen das Risiko minimieren

Um den Herausforderungen im Cybersicherheitsbereich entgegenzutreten, bedarf es also zuerst einmal, den Fachkräftemangel zu bewältigen. Dafür können verschiedene innovative Ansätze und bewährte Strategien angewendet werden, die Unternehmen helfen, dem Mangel an Cybersicherheitsexperten entgegenzuwirken. Im Folgenden wird auf diese Ansätze und Strategien eingegangen und entsprechende Schritte, wie diese umgesetzt werden können, vorgeschlagen.

Attraktivität des Berufsfelds

Die geringe Attraktivität der Cybersicherheitsbranche für junge Talente resultiert aus der öffentlichen Wahrnehmung als komplex und wenig zugänglich. Der Wettbewerb mit glamourösen Berufsfeldern verschärft die Situation und die hohe Verantwortung sowie der ständige Wandel können zu einem hohen Stressfaktor führen. Andererseits macht gerade diese Dynamik das Berufsbild des Cybersicherheitsexperten zu einem spannenden Beruf. Die herausfordernden Aufgaben, hohe Nachfrage und globale Relevanz tragen zu einer attraktiven Bezahlung und verschiedenen Karrieremöglichkeiten bei. Cybersicherheitsexperten leisten zudem einen bedeutenden gesellschaftlichen Beitrag. Um die Attraktivität zu steigern, sind gezielte Informationskampagnen und Bildungsförderung notwendig, insbesondere an Fachhochschulen und Universitäten. Die Integration von Branchenvorbildern in diese Kampagnen über soziale Medien kann junge Menschen für Berufe in der Cybersicherheit begeistern.

Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist die Aus- und Weiterbildung zentral. Bis 2030 wird im ICT-Bereich ein Mangel von 30 bis 40 000 Fachkräften erwartet. Zusätzliche Bildungsangebote helfen, dem Mangel entgegenzuwirken und Experten und Expertinnen kontinuierlich zu schulen.

Hochschulen sollten flexibel sein, ihre Curricula aktualisieren und mit der Industrie kooperieren, um Absolvierende praxisnah auszubilden. Motivationsprogramme sind nötig, um Studierende für Führungspositionen zu gewinnen. Quereinsteigende aus anderen Abteilungen können mit ihrer Erfahrung frische Perspektiven und innovative Lösungen in die Cybersicherheitsbranche bringen.

Diversität fördern

Frauen und Minderheiten fördern gegen den Fachkräftemangel: Laut Fortinet versuchen acht von zehn Unternehmen, Vielfalt zu stärken, haben jedoch Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Die Anstellung von Frauen und Minderheiten stieg nur um ein Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diversität spielt eine Schlüsselrolle, besonders in Branchen wie ICT. Eine diverse Belegschaft repräsentiert die Gesellschaft, stärkt Vertrauen und bringt kreative Lösungsansätze hervor. Inklusive Arbeitsumgebungen ziehen Talente an und fördern die Mitarbeitendenbindung. Unternehmen können dies durch Bewusstseinsförderung, Schulungen, gezielte Rekrutierung und Unterstützung flexibler Arbeitsmodelle erreichen.

Ausblick

Angesichts des akuten Fachkräftemangels im Bereich der Cybersicherheit in der Schweiz ist es unerlässlich, innovative Lösungsansätze zu verfolgen, um dieses Risiko zu minimieren. Die vorgestellten Herausforderungen, wie die steigenden Bedrohungen für Unternehmen, die fehlenden Ressourcen und der Zusammenhang zwischen Fachkräftemangel und erhöhten Cyberangriffen, verdeutlichen die Dringlichkeit von Massnahmen.

Die genannten Lösungsansätze (Imageförderung und Sensibilisierung, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Diversität und Inklusion) erfordern eine koordinierte Anstrengung von Bildungseinrichtungen, Unternehmen und der Branche selbst. Durch die Implementierung dieser Massnahmen kann die Cybersicherheitslandschaft in der Schweiz gestärkt und die Abhängigkeit von qualifizierten Fachkräften verringert werden. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um die steigenden Cyberbedrohungen effektiv zu bewältigen und die digitale Infrastruktur des Landes zu schützen.

(Erstpublikation: UnternehmerZeitung Nr. 1, Januar 2024)

Priska Burkard

ist Gründerin der SKILLS FINDER AG und Mitgründerin von TechFace.