«Entscheidend ist, dass die Führungsebene das Thema Nachhaltigkeit als Priorität anerkennt»
Mit dem neuen CAS ESG Reporting erweitert die FFHS ihr Weiterbildungsangebot im Bereich Nachhaltigkeit. Wie wichtig heute nachhaltige Geschäftsmodelle sind und sich die entsprechende Gesetzgebung verändert hat, erklärt Dr. Sandro Olveira, Fachbereichsleiter Corporate Sustainability.
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Wenn ein Unternehmen nachhaltiger werden will, braucht es gemäss Dr. Sandro Olveira eine systematische Herangehensweise und auch Geduld.
Dr. Sandro Olveira, der Begriff ESG steht für Environmental, Social und Governance und kommt eigentlich aus dem Finanzbereich, jetzt begegnet man ihm immer im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit in Unternehmen.
Im Finanzwesen begannen Investoren und Institutionen damit, Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in ihre Finanzentscheidungen einzubeziehen. Diese Faktoren wurden als Indikatoren für das Risiko und die langfristige Entwicklung eines Unternehmens betrachtet. Heute ist ESG mittlerweile integraler Bestandteil der betrieblichen Unternehmensstrategien geworden, weil nachhaltiges Wirtschaften nicht nur in den Fokus verschiedener Gesetzgebungsprozesse gerückt ist, sondern auch eine Relevanz für das betriebliche Risikomanagement und unternehmerische Werte hat. Unternehmen sind sich grösstenteils der Tatsache bewusst, dass die Integration von ESG-Kriterien in ihre Strategien sowohl ihre Reputation stärkt, Mitarbeitende bindet, zum Klima- und Umweltschutz beiträgt und langfristig zu einer besseren finanziellen Performance führt. Die Beleuchtung dieser Faktoren aus betrieblicher Sicht ist inzwischen fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichte.
Wie sieht eine fundierte ESG-Berichterstattung eines Unternehmens aus?
Sie ist ein kontinuierlicher Prozess, in dem Unternehmen ihre Leistungen und Massnahmen in Bezug auf alle drei ESG-Dimensionen offenlegen. Sie umfasst unter anderem eine detaillierte Darstellung, wie Unternehmen ihre umweltbezogenen Auswirkungen minimieren, ihren sozialen Verpflichtungen gerecht werden und wie sie in Governance-Fragen, also beispielsweise dem Umgang mit Kunden, agieren. Eine fundierte ESG-Berichterstattung basiert oft auf anerkannten Standards und Rahmenwerken wie den GRI-Standards oder den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs).
Und warum ist diese Berichterstattung heute so wichtig?
Unternehmen müssen heute stärker als je zuvor auf ESG-Kriterien achten, weil sich die Anforderungen von verschiedensten Stakeholdern und auch die Vorgaben der Gesetzgebung verändern. Es gibt gesellschaftlich eine zunehmende Sensibilisierung für Umwelt- und Sozialthemen, die von den Unternehmen ein proaktives Handeln und Lösungen erfordern. Investoren und Mitarbeitende achten zunehmend auf nachhaltige Geschäftsmodelle, da ESG-Faktoren mit langfristigem Unternehmenswert, geringem ökologischen Fußabdruck und guter Sozialverträglichkeit verbunden werden. Darüber hinaus wird die betriebliche Betrachtung von ESG-Faktoren weltweit immer mehr auch gesetzlich reguliert. Unternehmen, die ihre ESG-Strategien nicht transparent und fundiert kommunizieren, laufen Gefahr, das Vertrauen von Konsumenten, Investoren und der breiten Öffentlichkeit zu verlieren und teilweise sogar Gesetzesverstosse zu riskieren. Zudem können Unternehmen, die in diesen Bereichen führend sind, teilweise von einem positiven Markenimage und höheren Marktanteilen profitieren.
Sind Unternehmen in der Schweiz zu einer Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet?
So pauschal kann man das nicht sagen. Unternehmen in der Schweiz sind unter bestimmten Bedingungen verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Das Schweizer Obligationenrecht enthält seit 2023 eine Berichterstattungspflicht. Gemäss dieser Vorgabe sind grosse börsennotierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen dazu verpflichtet, eine sogenannte „nichtfinanzielle“ Berichterstattung, also einen Bericht nach ESG-Kriterien, zu veröffentlichen. In den kommenden Jahren kommen zum Kreis der verpflichteten Unternehmen noch deutlich mehr hinzu, denn der Schweizer Bundesrat strebt eine Angleichung an europäische Vorgaben gemäss der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) durch entsprechende Änderungen im Obligationenrecht an. Konkret sollen künftig rund 3500 weitere Schweizer Unternehmen verpflichtet werden, über ihre Risiken in den Bereichen Umwelt, Menschenrechte und Korruption sowie über die dagegen ergriffenen Massnahmen berichten zu müssen.
Wie wird ein Unternehmen nachhaltiger?
Es erfordert eine systematische Herangehensweise, Geduld und die Umsetzung konkreter Massnahmen. Exemplarisch kann man sagen, dass im Bereich der Ökologie die Reduktion des ökologischen Fussabdrucks des Unternehmens einen hohen Stellenwert einnimmt. Dies erfolgt etwa durch Energieeffizienzmassnahmen. Im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit sollte vor allem auf faire Arbeitsbedingungen, Diversität und Inklusion geachtet werden. Abschliessend gilt es im Bereich Governance, durch eine transparente und werte bewusste Unternehmensführung Korruption zu begegnen, Compliance sicherzustellen und einen gerechten Umgang mit Kunden, Lieferanten und Stakeholder umzusetzen. Es ist wichtig, dass diese Massnahmen mit klaren Zielen und Kennzahlen verbunden werden, um den Fortschritt zu messen.
Die Integration eines Nachhaltigkeitsmanagements in ein Unternehmen erfordert also einen ganzheitlichen Ansatz?
Genau und dieser muss sowohl strategisch als auch operativ umgesetzt werden. Der erste Schritt sollte immer die Einbindung des Themas Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie sein. Dazu gehört, dass der Status Quo analysiert, ESG-Ziele definiert und in die langfristige Ausrichtung des Unternehmens integriert werden. Es ist entscheidend, dass die Führungsebene das Thema als Priorität anerkennt. Darüber hinaus sollte ein nachhaltiges Managementsystem etabliert werden, das klare Verantwortlichkeiten definiert und die Umsetzung von Nachhaltigkeitsaktivitäten überwacht. Denn ein Nachhaltigkeitsbericht allein hilft weder dem Klima noch den Unternehmen. Es sind erst die umgesetzten Massnahmen, die zählen.
Die FFHS bietet neu das CAS ESG Reporting an. Für wen ist die Weiterbildung geeignet?
Das CAS eignet sich grundsätzlich für verschiedene Gruppen von Personen, die im Bereich der Nachhaltigkeit in Unternehmen tätig sind oder gerne zukünftig tätig sein möchten. Auch Fach- und Führungskräfte sind angesprochen. Das Thema Nachhaltigkeit wird aufgrund von bisherigen, aber auch zukünftigen Gesetzen zwingend in den Führungsebenen implementiert werden müssen. Das CAS kann somit helfen, nachhaltige Strategien und Massnahmen in die Unternehmensstrategie zu integrieren und das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Zusätzlich ist das CAS auch für Berufseinsteiger im Bereich der Nachhaltigkeit oder Mitarbeitende aus anderen Fachbereichen geeignet, um durch praxisorientiertes Wissen und spezifische Fachkenntnisse im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement die Grundlagen zu legen sowie ein tieferes Verständnis für nachhaltige Unternehmensführung zu erlangen.