01.04.2021

Macht künstliche Intelligenz alles neu?

Wie bringen wir die künstliche Intelligenz KI weiter? Wie bringt sie uns weiter? Und welche Rolle spielen Roboter in der Bildung? Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Technologie will gelernt sein. An der Märztagung 2021 wurden Wege aufgezeigt, was es hierfür braucht.

So neu ist er gar nicht, der Wunsch, mit Hilfe künstlicher Intelligenz unsern Alltag zu erleichtern. Keiner weiss das besser als Hervé Bourlard. Seit 25 Jahren leitet er das Forschungsinstitut Idiap in Martinach VS, heute ein weltweit führender Player bei der Erkundung im Bereich etwa der Spracherkennung, künstliches Sehen, immer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

«Die Firmen fragen uns: KI ist in aller Munde, aber wie sollen wir sie einsetzten? », sagt der Professor in seinem Referat, «es gibt bei diesem Thema tatsächlich eine beträchtliche Lücke zwischen Theorie und Praxis». Um diesen Gap zu überbrücken, haben Idiap und die FernUni einen Master-Studiengang in KI eingeführt. Bourlard plädiert aber darüber hinaus ganz grundsätzlich dafür, den Unternehmern besser zuzuhören. Oft seien es eher kleinere, ganz konkrete Probleme, die sie umtreibt. Was aber nicht heissen muss, dass die entsprechenden KI-Lösungen einfach seien.

Künstliche Intelligenz könne Unternehmen helfen, Arbeitsprozesse zu vereinfachen und schliesslich auch die Produkte zu verbessern. Hierfür brauche es aber vor allem grundsolides «Engineering», sagt Bourlard, der mit seinem praxisbezogenen und nüchternen Ansatz den KI-Mythos gleich zu Beginn seines Referats ein Stück weit entkräftet hatte.

Der Ansatz, dass es eben immer noch der Mensch ist, der die Technologie modelliert und sie mit Daten füttert, dass die Maschinen eben «nur» das lernen, was man ihnen auch vorgibt, dieser Ansatz zog sich bei der diesjährigen Märztagung durch fast alle Referate des hochkarätigen Programms.

Roger Spindler spricht vom «humanistischen Kern» der KI, von einer «Ermächtigung» des Menschen in seiner Beziehung zu den Maschinen und Algorithmen. Als Leiter Höhere Berufsbildung und Weiterbildung an der Schule für Gestaltung Bern und Biel sieht er eine Tech-affine Generation heranwachsen, die er nicht «z», «y» oder «x» nennt. Er spricht von den «Zoomers». Für diese müsse man Räume schaffen, die freies und vor allem auch neues Denken erlauben. Spindler spricht sich deshalb für mehr Kreativität auch in der Bildung aus. Und hierfür sei KI eine Inspirationsmaschine.

Aber macht künstliche Intelligenz alles neu, auch das Denken? Abraham Bernstein spricht ebenfalls von Chancen. Für den Direktor der Digital Society Initiative (DSI) an der Universität Zürich stellt aber das Wechselspiel zwischen Technologie und Gesellschaft die Forschung sowie die Bildung und die Wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Wenn Menschen intelligente Systeme entwickeln und diese mit Daten speisen, dann fliessen dort auch immer ihre Vorurteile mit ein. Sich darauf zu einigen, mit welcher Art von Vorurteilen und mit welchen Ausrichtungen (Bias) sich künstliche Intelligenz entwickeln kann, bleibe ein rein normativer Prozess – und somit alleine den Menschen vorbehalten.  

Die fast 200 Teilnehmenden der diesjährigen Märztagung interessierten sich aber nicht nur für KI. Sie zeigten auch, wie emotionale Intelligenz funktioniert. Das zahlende Publikum profitierte von einer Preisreduktion, weil die Tagung Pandemie-bedingt vom letzten März auf dieses Jahr und vollends in den virtuellen Raum verschoben werden musste. Die allermeisten haben die Differenz gespendet. Der Erlös geht an wiLearn 4 Life, das Kindern in den ärmsten Regionen der Welt den Zugang zu Bildung sichern will – mit der Hilfe digitaler Technologien.