19.02.2024

«Ich mache mir gerne Gedanken darüber, was für eine Welt ich meinen Kindern hinterlassen möchte»

Dr. Martha Velasco ist Fachbereichsleiterin Sustainability and Circular Innovation an der FFHS. Sie gilt als ausgewiesene Expertin in den Bereichen der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Mitunter ist sie auch sehr aktiv in der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit der FFHS tätig. Im Gespräch gibt sie Auskunft, wie die Thematik in den Studiengängen Eingang findet.

Dr. Martha Velasco, die Themen der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind in den letzten Jahren zu Megatrends in der Wirtschaft gewachsen. Ist dies immer noch so oder lässt es bereits nach?
Es stimmt, dass in den letzten 20 Jahren ein grosser Wandel stattgefunden hat, allerdings zugunsten von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Die Bedeutung dieser Themen wird immer mehr anerkannt, die Menschen sind sensibilisiert. Einige Länder haben auch wirtschaftliche Anreize für die Umsetzung nachhaltiger Strategien geschaffen. Ein aktuelles Thema ist «Netto-Null». In der Schweiz haben sich bereits mehrere Orte wie der Kanton Wallis und Zürich dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2040 eine Netto-Null-Emission zu erreichen.

Dr. Martha Velasco begann vor 15 Jahren ihre berufliche Laufbahn im Bereich der unternehmerischen Nachhaltigkeit. Sie ist Mitinhaberin von 2get-there, wo sie sich auf die Beratung zu Themen wie Nachhaltigkeitsstrategie und Unternehmertum, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Geschäftsmodelle sowie die Ausrichtung von Unternehmen auf die Agenda 2030 und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) konzentriert. Sie arbeitet auch als Dozentin, Mentorin und Moderatorin. In ihrer Heimat Mexiko schloss sie ihr Studium als Verfahrensingenieurin ab und promovierte in Spanien in technologischen Innovationsprojekten, wo sie mit der Stadt Barcelona an der Einführung eines geschlossenen Systems zur Verlängerung der Lebensdauer von Elektroschrott arbeitete.

 

Die FFHS bietet einen eigenen Masterstudiengang für Sustainability and Circular Innovation an; es werden auch in anderen Studiengängen Module über Nachhaltigkeit integriert. Was ist ihre Aufgabe als Fachbereichsleiterin?
Als Fachbereichsleiterin ist es meine Aufgabe zu prüfen, ob die Studieninhalte den globalen Trends und den Anforderungen der Masterstufe entsprechen und ob sie den Vorgaben des Blended Learning gerecht werden. Ich bemühe mich um eine sehr enge Beziehung zu den Master-Dozierenden, da sie unsere wertvollste Ressource sind.

Obwohl derzeit nicht alle Studiengänge Nachhaltigkeitsaspekte integrieren, sind wir uns der Bedeutung dieses Themas bewusst, und es ist eines unserer Hauptziele für die kommenden Jahre. In jedem Studiengang sollte identifiziert werden, welche Nachhaltigkeitsthemen kohärent und komplementär zu den Inhalten des Studiengangs integriert werden können.

«Jedes Unternehmen möchte das Infinite Game spielen – über Jahre und Generationen hinweg auf dem Markt bleiben.»

Wieso sind Kompetenzen im Umgang mit Nachhaltigkeit für Unternehmen aller Art und deren Führungskräfte heute so wichtig?
Auf Unternehmensebene bedeutet die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Risiken zu verringern und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Jedes Unternehmen möchte das «Infinite Game» spielen, d. h. es möchte über viele Jahre, hoffentlich über mehrere Generationen, auf dem Markt bleiben. Die konservativeren Unternehmen werden aufgrund der zunehmenden Regulierung und der Markterwartungen handeln müssen. Die Innovativeren (Transformatoren) sehen diese aktuellen und künftigen sozialen und ökologischen Herausforderungen voraus und entwickeln Strategien oder ändern das Geschäftsmodell, um sie zu bewältigen, und schaffen so einen echten Wettbewerbsvorteil.

Arbeitet die FFHS mit Unternehmen und Organisationen zusammen, um den Praxisbezug zu fördern?
Im Rahmen unseres eigenen Masterstudiengangs gibt es ein Modul namens «Scientific and Innovation Hub». Darin haben die Studierenden die Möglichkeit, ihr Wissen in einem Unternehmen oder einem Start-up anzuwenden. Die Idee ist, dass es in beide Richtungen einen Nutzen gibt.

Welche Rolle spielt die FFHS bei der Sensibilisierung der Studierenden für nachhaltige Entwicklungen und globale Herausforderungen?
Wie jede Bildungsinstitution spielt auch die FFHS eine sehr wichtige Rolle bei der Sensibilisierung. Vor diesem Hintergrund wurde der Masterstudiengang Sustainability and Circular Innovation ins Leben gerufen, der erst vor zwei Jahren gestartet ist. Die FFHS hat auch Veranstaltungen organisiert, zu denen nicht nur Studierende, sondern auch die breite Öffentlichkeit eingeladen wird, um das Bewusstsein für die Bedeutung globaler Herausforderungen zu schärfen.

«Die FFHS bietet ihren Studierenden nicht nur viel Flexibilität im Allgemeinen, sie trägt auch zur sozialen Dimension der Nachhaltigkeit bei. »

Wie erleben FFHS-Studierende die Nachhaltigkeit der Institution?
Zum einen natürlich durch die Kurse, die die FFHS anbietet, die eine starke Nachhaltigkeitsdimension haben; zum Beispiel der MSc Business Administration in Sustainability and Circular Innovation.

Darüber hinaus bietet die FFHS mit ihrem Modell berufstätigen Studierenden, Studierenden mit Familie oder Leistungssportlern die Möglichkeit, ein Studium zu beginnen oder fortzusetzen. Diese Flexibilität ist in anderen Institutionen nur schwer zu finden, und so trägt die FFHS zur sozialen Dimension der Nachhaltigkeit bei. Ausserdem verringert sich auch der Transportbedarf der Studierenden, da nur 20 Prozent der Vorlesungen persönlich abgehalten werden.

Was kann jede und jeder ganz einfach im Alltag beitragen, um die Welt ein Stück nachhaltiger zu machen? Haben Sie persönliche Tipps?
Ich mache mir gerne Gedanken darüber, was für eine Welt ich meinen Kindern hinterlassen möchte. Ich möchte, dass meine Kinder über die Folgen ihres Handelns nachdenken. Was passiert, wenn man seinen Müll auf die Strasse wirft? Oder wenn man den Wasserhahn zu lange aufgedreht lässt? Es gibt alltägliche Handlungen, die der Umwelt helfen, wie zum Beispiel zu Hause das Licht auszuschalten, keine Lebensmittel zu verschwenden, Wasser aus dem Wasserhahn zu trinken und immer eine Flasche mitzubringen, weniger Fleisch zu essen.

Und was können Hochschulen tun?
Einerseits ist jede Hochschule dafür verantwortlich, intern die negativen Auswirkungen zu ermitteln, die sie in ihrem Betrieb verursacht, und diese so weit wie möglich zu reduzieren. Vor allem aber müssen sich die Hochschulen ihrer Rolle als Akteure des Wandels bewusst sein. Ihr Auftrag besteht darin, die Menschen durch neue Erfahrungen, Praktiken, Kenntnisse sowie Denk- und Arbeitsweisen zu verändern. Entsprechend sind die Hochschulen verpflichtet, sowohl in ihren Lehrinhalten als auch in ihrem täglichen Handeln Werte wie Ethik, Respekt, Fürsorge für die Gesellschaft und unseren Planeten zu vermitteln und im Einklang mit diesen Werten die Menschen, die an der Hochschule studieren, zu verändern.

Welche Nachhaltigkeitsinitiativen gibt es derzeit an der FFHS?
In unserer Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit haben wir mehrere Massnahmen definiert, die wir in den kommenden Monaten und Jahren umsetzen wollen. Dazu gehören unter anderem die Integration der Nachhaltigkeit in die verschiedenen Lehrpläne, die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Lehre, das Management und die Reduzierung des Verbrauchs in den Gebäuden und die Sensibilisierung der Mitarbeitenden für Nachhaltigkeit.

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