23.05.2024

Haben Bergler und Sportler einen anderen Eisenbedarf als der Durchschnitt?

Menschen, die in grossen Höhen leben oder auf höchstem Niveau (Ausdauer-)Sport treiben, könnten einen anderen Eisenhaushalt als die durchschnittliche Weltbevölkerung haben. Ein Forschungsprojekt der FFHS will den Eisenbedarf dieser besonderen Zielgruppen mithilfe einer neuen Methode bestimmen.

Eisenmangel und die daraus folgende Anämie (Blutarmut) ist weltweit für eine grosse Krankheitslast verantwortlich. Einer der Gründe, warum es schwierig ist, erfolgreiche Behandlungen von Eisenmangel zu entwickeln, liegt in der schwierigen präzisen individuellen Bestimmung des Eisenstatus, bei der normalerweise nur indirekte Eisenstatusparameter bestimmt werden. Je nach Bevölkerungsgruppe und anderen Charakteristika zeigen sich Eisenstatusparameter sehr unterschiedlich und die Ermittlung des Eisenbedarfs ist entsprechend kompliziert – wenn nicht gar unmöglich. Mittels einer neuartigen Methode kann der Eisenmetabolismus direkt beobachtet und quantifiziert werden.

Internationale Untersuchung spezifischer Bevölkerungsgruppen

Forschende des Departement Gesundheit der FFHS akquirierten bereits 2023 ein Projekt zum Eisenhaushalt von spezifischen Bevölkerungsgruppen, nämlich Menschen, die in grossen Höhen leben, sowie Athleten. Prof. Dr. Moretti, Forschungsfeldleiter Departement Gesundheit an der FFHS, leitet das internationale Kooperationsprojekt mit peruanischer und australischer Beteiligung. Finanziert wird es vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF).

Empfohlene Richtwerte betreffend Eisenhaushalt sind veraltet

Weltweit leben mehr als 390 Millionen Menschen in Höhen über 1‘500m, und mehr als 1,1 Milliarden Menschen leben in Höhen über 500m. Hämoglobin ist der Hauptträger von Sauerstoff im menschlichen Körper, und die aktuellen Hämoglobingrenzwerte, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für verschiedene Höhen empfohlen werden, könnten potenziell veraltet sein. Sie wurden nämlich vor über 30 Jahren festgelegt. «Wir wissen, dass diese genannten Bevölkerungsgruppen andere Norm-Hämoglobinwerteaufweisen als der durchschnittliche Erdenbürger, aber die bekannten Werte müssen aktualisiert und präzisiert werden», erklärt Moretti.

Sportler haben auch erhöhtes Risiko für Eisenmangel

Ähnlich wie die in grossen Höhen lebenden Menschen gehören auch Athletinnen und Athleten zu einer Risikogruppe für Eisenmangel. Möglicherweise liegt es an den häufigeren Entzündungen, die den Eisenstoffwechsel beeinflussen und die Eisenabsorption reduzieren. «Andere Beitragsfaktoren könnten ein erhöhter Eisenverlust durch Schweiss oder den Magen-Darm-Trakt sein», ergänzt Moretti. Im Rahmen der Studie soll festgestellt werden, ob Hochgebirgsbewohner und Ausdauersportler einen höheren Eisenbedarf haben als ihre Pendants, die in niedrigeren Höhen leben bzw. nur in der Freizeit aktiv sind.

Untersuchung von schweizerischer und peruanischer Probanden

Die Ziele dieses Forschungsprojekts sind die Messung der Eisenanforderungen bei diesen Zielgruppen sowie die Festlegung von Hämoglobinspiegeln, die auf ein langfristiges Gleichgewicht zwischen Eisenabsorption und -verlust hinweisen. Die Methodik umfasst die Untersuchung verschiedener Bewohner in Peru und der Schweiz mit ausreichendem Eisenstatus. Dazu sind Langzeit-Höhenbewohner in Peru (Huancavelica) und in der Schweiz (Brig) rekrutiert worden.

Die Probanden werden über 12 Monate nach isotopischer Verabreichung mit regelmässiger Blutentnahme überwacht. Proben von Athleten werden aus drei unterschiedlichen Kohorten entnommen. Die isotopische Zusammensetzung in roten Blutkörperchen wird bestimmt, um Eisenabsorption, -verluste und -bedürfnisse in verschiedenen Gruppen zu berechnen. Die Studie umfasst auch die Bewertung des Eisenstatus oder verschiedener Entzündungsparameter.

Spezifische Erkenntnisse zum Eisenbedarf dieser besonderen Bevölkerungsgruppen

Diego Moretti zeigt sich überzeugt, dass die Ergebnisse der Studien neue quantitative Daten zum menschlichen Eisenstoffwechsel – beeinflusst durch Höhe und körperliche Betätigung – liefern werden: «Die Quantifizierung und Präzisierung durch das aktuelle Projekt ermöglicht es, die Anwendung eines faktoriellen Ansatzes zur Abschätzung der Eisenanforderungen in diesen besonderen Bevölkerungsgruppen und wird zugleich Unterschiede zu anderen Zielgruppen offenlegen». Damit trägt die Studie auch dazu bei, Erkenntnisse zum weltweiten Gesundheitsproblem Eisenmangel zu sammeln und Lösungen zur Bekämpfung von damit zusammenhängenden Krankheiten zu finden.

Forschung am Departement Gesundheit