KI-Upskilling – darauf kommt es an
Stellen Sie sich vor: Sie kommen morgens ins Büro und delegieren Arbeiten an Ihren KI-Assistenten. Mit der rasanten Entwicklung von KI-Technologien wie ChatGPT und Co. wird dieses Szenario zunehmend Realität. Unternehmen und Mitarbeitende müssen sich dieser Herausforderung und Chance gleichermassen stellen – durch KI-Upskilling.
Bereits keine Utopie mehr: der KI-Assistent unterstützt unsere menschliche Intelligenz mit seiner künstlichen Intelligenz. (Bild: Jan Niklas)
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen ist per se nichts Neues. Mit der Lancierung von Generativer KI wie etwa ChatGPT hat die Bedeutung von KI und deren Verbreitung in Unternehmen jedoch nochmals drastisch zugenommen. Während zuvor vor allem hierfür hochqualifizierte Personen KI einsetzten und diese ihre Arbeit für einen Grossteil der Belegschaft eher noch unbemerkt im Hintergrund vollbrachte, haben heute im Prinzip alle und überall Zugang zu KI und können diese über menschliche Sprache intuitiv nutzen.
Generative KI ist für Unternehmen Realität. Unterschiede bestehen darin, wie gezielt das Thema dort behandelt wird. Während die einen Unternehmen Strategien, Einsatzszenarien und womöglich sogar eigene, massgeschneiderte KI-Technologien haben, stehen andere erst am Anfang. Da Mitarbeitende heute unabhängig vom Stand ihres Unternehmens Zugang zu KI-Werkzeugen haben und diese vermehrt nutzen, ist ein gezielter Umgang mit dem Thema KI für Unternehmen wichtig.
KI-Kompetenzen erlernen und trainieren
Mitarbeitende müssen zu einem gekonnten, sinnvollen und korrekten Umgang mit Generativer KI befähigt werden. Im Grunde sind dies zunehmend digitale Basiskompetenzen. Da die allermeisten Mitarbeitenden den Umgang mit Generativer KI noch nicht in ihrer beruflichen Ausbildung integriert hatten, müssen diese Kompetenzen mithilfe der Unternehmen aufgebaut werden. Dies darf dabei nicht einfach dem Zufall überlassen werden.
Bei der Befähigung der Mitarbeitenden sind allgemeine und unternehmensspezifische Themen zu Generativer KI zu beachten – wobei dies durchaus miteinander verknüpft geschehen kann. Aus didaktischer Perspektive ist es für die Lernwirksamkeit entscheidend, die Mitarbeitenden nicht bloss mit theoretischen Inhalten zu beschulen, sondern sie das zu Lernende aktiv im Lern- und alltäglichen Arbeitsprozess üben und anwenden zu lassen. Die Nutzung Generativer KI ist eine Fertigkeit, die wie andere erarbeitet und gepflegt werden muss.
Bei den allgemeinen Themen geht es darum, ein Grundverständnis für die Generative KI zu erlangen und dabei insbesondere deren Möglichkeiten, Herausforderungen und Risiken erkennen und kritisch einschätzen zu können. Auch die Kunst der gekonnten Kommunikation mit der generativen KI – das Prompting – ist essenziell. Die Kommunikation ist über die menschliche Sprache zwar sehr intuitiv, die Ergebnisse der jeweiligen KI-Werkzeuge hängen jedoch massgeblich von der Qualität der an sie gestellten Instruktionen (Prompts) ab.
Bei unternehmensspezifischen Themen ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden die Haltung, Strategie und Herangehensweise des Unternehmens zu (Generativer) KI kennen. Auch Fragen des Datenschutzes sind hierbei zentral. Mitarbeitende müssen erkennen, wozu und wie sie Generative KI in ihrem Arbeitsalltag einsetzen können, dürfen und sollen. Nur so können sie KI im Sinne des Unternehmens nutzen. Da der Zugang zu Generativer KI für Mitarbeitende heute ohnehin besteht, sollten Unternehmen diese Punkte proaktiv angehen.
Ein Praxisbeispiel
Ein Unternehmen, das bei der Befähigung seiner Mitarbeitenden im Bereich KI bereits wertvolle Erfahrungen gesammelt hat, ist die Mobiliar. Anhand von drei konkreten Beispielen lässt sich aufzeigen, wie die gezielte Einführung von KI-Tools – nebst der Schaffung des unternehmerischen Mehrwerts – zur Sensibilisierung, KI-Befähigung und zum Abbau von Ängsten genutzt werden kann.
So hat die Mobiliar mit «Mobi-ChatGPT» eine datenschutzkonforme Version von ChatGPT für ihre Mitarbeitenden eingeführt. Diese Anwendung dient nicht nur als Arbeitstool, sondern auch als Lernplattform für Generative KI. In Workshops und Schulungen lernen die Mitarbeitenden, wie man effektive Prompts formuliert und die Ergebnisse kritisch bewertet. Sie werden ermutigt, eigene Use Cases zu entwickeln und zu testen, was ihre Kreativität und ihr Verständnis für KI-Anwendungen fördert. Durch diese Hands-on-Erfahrungen werden die Mitarbeitenden für den verantwortungsvollen Umgang mit KI sensibilisiert und ihre Kompetenzen in diesem Bereich erweitert.
Ein weiteres Beispiel ist die Implementierung eines KI-Systems für die E-Mail-Triage bei den Tochtergesellschaften Mobi24 und Protekta. In Schulungsprogrammen wird den Mitarbeitenden vermittelt, wie dieses Tool Routineaufgaben beschleunigt und vereinfacht, ohne dabei den persönlichen Bezug zu den Kunden zu vernachlässigen. Die Mitarbeitenden lernen, wie sie die durch die automatische Weiterleitung gewonnene Zeit für eine noch intensivere und qualitativ hochwertigere Kundenbetreuung nutzen können. Diese Erfahrungen helfen, Bedenken abzubauen, dass menschliche Arbeit durch KI ersetzt werden könnte. Stattdessen entwickeln die Mitarbeitenden ein Verständnis dafür, KI als unterstützendes Werkzeug einzusetzen.
Schliesslich nutzt die Mobiliar auch eine KI-gestützte Online-Schadenerfassung als Gelegenheit, um ihren Mitarbeitenden die positiven Auswirkungen von KI auf die Kundenerfahrung zu vermitteln. In interaktiven Workshops erleben die Mitarbeitenden aus der Kundenperspektive, wie die KI den Prozess der Schadenmeldung vereinfacht und beschleunigt. Gleichzeitig lernen sie im täglichen Einsatz bei der Schadenerfassung, wie sie von den durch die KI generierten ersten Einschätzungen profitieren können. Mit Rollenspielen und Simulationen wird demonstriert, wie die Kombination aus KI-Unterstützung und menschlicher Expertise zu einer noch kundenfreundlicheren und effizienteren Schadenabwicklung führt.
Symbiose zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz
Diese Beispiele verdeutlichen, wie die gezielte Einführung von KI-Werkzeugen nicht nur zur Prozessoptimierung genutzt werden kann, sondern auch als Katalysator für die Entwicklung von KI-Kompetenzen innerhalb der Belegschaft dient. Mit praxisnahen Schulungen und der Integration von KI in den Arbeitsalltag werden Mitarbeitende schrittweise an die neuen Technologien herangeführt. So bauen sie Ängste ab und gleichzeitig wertvolle Fähigkeiten für die digitale Zukunft auf.
Letztendlich geht es beim KI-Upskilling darum, eine Symbiose zwischen menschlicher Intelligenz und künstlicher Intelligenz zu schaffen. Nur so können wir das volle Potenzial dieser Technologie ausschöpfen. Gleichzeitig stellen wir damit sicher, dass der Mensch in einer KI-gestützten Arbeitswelt nicht nur relevant bleibt, sondern mit seinen einzigartigen Fähigkeiten wie Kreativität, emotionaler Intelligenz, ethischem Urteilsvermögen und dem Verstehen komplexer Zusammenhänge aufblüht. Die Unternehmen, die dies verstehen und umsetzen, werden die Leader von morgen sein.
(Erstpublikation: UnternehmerZeitung Nr. 4/2024)