Caroline Huber 03.06.2020

Virtuell vereint

Egal ob zuhause am Küchentisch oder neben einem Kommilitonen im Unterrichtsraum – bei den virtuellen Klassen fühlt es sich an, als wären alle in einem Raum. Dieses Unterrichtsmodell ermöglicht Studierenden maximale Flexibilität – bedeutet aber auch eine minutiöse Vorbereitung seitens Dozierender. Wie diese trotz der Entfernung persönlich auf die Studierenden eingehen können, erzählt Bora Altuncevahir im Erfahrungsbericht.

Bei der virtuellen Klasse nehmen sowohl Präsenz- als auch virtuelle Teilnehmer gleichzeitig am Unterricht teil. Die virtuell Teilnehmenden können dabei alles hören, was im Unterrichtsraum passiert und sich wie die Präsenzteilnehmenden interaktiv daran beteiligen. Die Interaktion in Echtzeit ist dank technischer Lösungen möglich. Dazu wird eine Webkonferenz-Softwareeingesetzt: Ein Laptop überträgt die Klassenkamera sowie das Raummikrofon und projiziert die virtuell Teilnehmenden für den Dozierenden sicht- und hörbar in den Klassenraum. Der Laptop des Dozierenden ist ebenfalls in die Software eingebunden und überträgt das Whiteboard sowie die Präsentation.

Wie unterrichtet es sich in einer virtuellen Klasse?

Erfahrungsbericht von Bora Altuncevahir, Dozent

Ich unterrichte im MSc Business Administration in Innovation Management sowohl im Blended-Learning- als auch im Modell der virtuellen Klasse an der FFHS. Der Studiengang wurde unter der Leitung von Ute Eisenkolb als Pilotprojekt virtuell ausgerichtet. Dabei konnten wir uns auf die Erfahrungen im Blended- Learning-Modell mit der Kombination von Online-Studium und Präsenzunterricht stützen und schrittweise neue didaktische Erkenntnisse und Hilfsmittel einbauen. Das virtuelle Unterrichten erfordert nämlich eine komplett andere Herangehensweise als der klassische Präsenzunterricht und vor allem eine differenzierte Vorbereitung.

Herausforderungen beim virtuellen Unterrichten

Im Online-Setting ist es für den Dozierenden komplexer zu dozieren, behaupte ich. Denn es ist ein Balanceakt als Dozent, sowohl den vor Ort anwesenden als auch den zugeschalteten Studierenden gerecht zu werden. Das virtuelle Unterrichten erfordert ein anderes Mindset, denn die virtuell Studierenden warten darauf, rasch selber aktiv zu werden und Aufträge erhalten.


Als Dozent möchte ich die Kursteilnehmenden und ihre Lernbedürfnisse kennen. Da ich im virtuellen Umfeld die Studierenden nicht einfach beim Kaffeetrinken ansprechen kann, skype ich den einen oder anderen Kursteilnehmer an, um zu wissen, wo er oder sie gerade besonders auch beruflich ansteht. Generell kann man festhalten, dass virtueller Unterricht eine intensivere Betreuung erfordert, sofern denn auch der Anspruch da ist, einen didaktischen Mehrwert gegenüber dem Frontalunterricht zu bieten. Letzterer wäre in einem Videokurs relativ leicht umsetzbar.

Als Dozent möchte ich die Kursteilnehmenden
und ihre Lernbedürfnisse kennen.

Bora Altuncevahir
Dozent MSc Business Administration

E-Learning-Kompetenzen und -Tools

Virtuelles Unterrichten erfordert die passende technische Infrastruktur: eine gute Internetverbindung, Headset und Kamera sowie ein Übertragungsprogramm wie z.B. Zoom. Das Einrichten auf allen persönlichen Geräten und Testen im Zusammenspiel aller Teilnehmenden funktioniert in der Regel sehr gut. Des Weiteren gehören natürlich auch die didaktischen Hilfsmittel dazu. Wie im Präsenzunterricht ist es von grosser Bedeutung, abwechslungsreiche Unterrichts- und Lernformen anzuwenden: Gruppenarbeiten, Einzelaufgaben, Diskussionen im Plenum etc. Für die Umsetzung gibt es zahlreiche Tools, die unterschiedliche Settings ermöglichen. Beispielsweise die sogenannten «Breakout-Räume», bei denen ich die Studierenden in separate Gruppen einteilen, dort «besuchen» und später wieder ins Plenum zurückholen kann. Diese Gruppen können sogar gemischt aus Präsenz- und virtuellen Teilnehmenden bestehen.

«Die Studierenden schalten sich für den Unterricht von zuhause, vom Zug oder von einem ruhigen Café aus zu.»

Die virtuelle Klasse als Chance

Um die Tools und die speziellen Kompetenzen für den virtuellen Unterricht zu erlernen, wurden wir Dozenten vom Learning Center eingehend geschult. Mit diesem Know-how ausgerüstet und mit zunehmender Erfahrung sind die virtuellen Klassen für alle Beteiligten ein Gewinn, weil der Unterricht maximal flexibel ist. Sogar die Prüfung lässt sich remote schreiben: Dazu müssen die Studierenden zuerst ihren gesamten Raum mit dem Laptop aufnehmen. Ausserdem wird der Bildschirm während der gesamten Prüfung aufgenommen. So können wir sicherstellen, dass alles korrekt vor sich geht. Die Studierenden schätzen die Ortsunabhängigkeit und schalten sich für den Unterricht von zuhause, vom Zug oder von einem ruhigen Café aus zu. Sie haben auch die Möglichkeit, einzelne Kurse vor Ort zu besuchen. Oder natürlich ist auch der umgekehrte Fall möglich, bei dem sich Präsenzteilnehmende für einen Kurs virtuell zuschalten.

An dieser Stelle möchte ich Ute Eisenkolb, der Studiengangsleiterin des MSc Business Administration, der Direktion der FFHS und dem Learning Center unter der Leitung von Markus Dormann ein grosses Lob und Dankeschön für ihre Weitsicht aussprechen. Die virtuelle Klasse ist eine zukunftsgerichtete Unterrichtsform, die den aktuellen Bedürfnissen entgegenkommt. Dank der innovativen Herangehensweise der FFHS ist denn auch der Umstieg von Präsenz- zu Onlineunterricht in der Krisenzeit rasch und unkompliziert gelungen.