Wie KI Onlineprüfungen besser machen soll
Nicht erst seit der Pandemie ist E-Assessment an der FFHS das bevorzugte Prüfungsformat. Mit Künstlicher Intelligenz (KI) will das Departement E-Didaktik die Onlineprüfungen nun sicherer und benutzerfreundlicher machen.
Dank Gesichtserkennung und Abgleich mit dem Studierendenausweis findet die Identifizierung des Studierenden zukünftig automatisiert statt.
«Ich war viel weniger nervös, weil es das gewohnte Umfeld war. Das Einzige, was mich etwas nervös gemacht hat, war die Ungewissheit, ob mit der Aufzeichnungstechnik alles funktioniert.» Das Zitat aus einer Umfrage nach der letzten Prüfungssession verdeutlicht, wie viele der FFHS-Studierenden das neue Prüfungsformat erlebten. Corona-bedingt wurden zum Ende des Frühlingssemesters 2020 erstmals sämtliche Prüfungen online zu Hause am eigenen Gerät abgelegt. Über 80 Prozent der Studierenden beurteilten ihre Erfahrung im Homebased-Assessment als positiv. Im Departement E-Didaktik, welches die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen sicherstellte und die entsprechende Supportstruktur aufbaute, fiel das Fazit dementsprechend optimistisch aus. «Aufbauend auf Pilottests in hybriden Studiengängen und unseren Vorerfahrungen konnten wir alle Prüfungsphasen trotz Krise bewältigen und mehr als 7’000 Onlineprüfungen erfolgreich abnehmen», blickt Prof. Dr. Markus Dormann, Leiter E-Didaktik und Weiterbildungdirektor, auf das letzte Jahr zurück.
«Ich war viel weniger nervös, weil es das gewohnte Umfeld war. Das Einzige, was mich etwas nervös gemacht hat, war die Ungewissheit, ob mit der Aufzeichnungstechnik alles funktioniert.»
Valide, benutzerfreundlich und sicher
Oberste Maxime war es, dass die Prüfungen mit dem neuen Verfahren valide, benutzerfreundlich und sicher durchgeführt werden. Dabei gab es einige technische Hürden zu meistern. Zum einen musste durch den BYOD-Ansatz (Bring Your Own Device) sichergestellt werden, dass alle Studierenden mit denselben Bedingungen in die Prüfung gehen konnten, sprich die Systemvoraussetzungen wie eine stabile Internetverbindung mussten getestet werden. Zum anderen galt es, die Identifizierung der Geprüften und die Prüfungsaufsicht zu gewährleisten. «Dazu mussten die Studierenden ihren Studierendenausweis zeigen und ihren Prüfungsraum mit der Webcam einmal komplett abfilmen», erzählt Dormann. Erst wenn die Videoaufnahme der kompletten Prüfungsdauer hochgeladen war, galt die Prüfung als abgeschlossen. Die Aufnahmen wurden anschliessend gesichtet und auf Unregelmässigkeiten geprüft. Nun will die FFHS einen Schritt weitergehen und mit Hilfe Künstlicher Intelligenz das sogenannte Proctoring, also die Aufsicht bei Onlineprüfungen, automatisieren.
Gesichtserkennung zur Identifizierung
Auch dank der Pandemie geschieht die Weiterentwicklung schneller als gedacht. Mit der Unterstützung des Intel Fonds zum Kampf gegen das Coronavirus startete die FFHS ein Forschungsentwicklungsprojekt, das Proctoring mit KI ermöglicht. Weltweit fördert der Chipkonzern Intel die wissenschaftliche Forschung und Online-Learning-Initiativen im Rahmen eines Fonds als Antwort auf die Pandemie. Als eines der wenigen im deutschsprachigen Raum wurde das Projekt der FFHS in das Programm aufgenommen. «Wir sind beispielsweise so weit, dass wir die Identifizierung der Studierenden voll automatisiert abwickeln können», sagt Dormann. In einer Zusammenarbeit des hauseigenen Forschungsinstituts Laboratory for Web Science (LWS) und Intel Deutschland ist in diesem Zusammenhang ein Algorithmus entwickelt worden, welcher die Identität der Studierenden durch Gesichtserkennung automatisch überprüft. Gross angelegte Kontrollen der Videos durch Mitarbeitende fallen damit weg, eine deutliche Entlastung für das Departement E-Didaktik, welches ohnehin durch die Pandemie mit Umstellung auf Onlineunterricht und -prüfungen stark beansprucht ist. In Zukunft soll es möglich sein, dass die Identifizierung der Studierenden und das Aufdecken von Schummeleien komplett im Hintergrund ablaufen, ohne Vorzeigen des Ausweises, so dass sich die Studierenden von Anfang an ganz auf die Prüfung konzentrieren können.
Wir sind beispielsweise so weit, dass wir die identifizierung der Studierenden voll automatisiert abwickeln können
Oberstes Ziel Planungssicherheit
Es gibt aber auch Skeptiker in Bezug auf Online-Proctoring. Wenn beispielsweise Studierende für das Ablegen einer Prüfung via Webcam Einblick ihre privaten Räumlichkeiten gewähren müssen, ist das aus Datenschutz-Sicht problematisch. Die FFHS hat die rechtlichen Aspekte berücksichtigt und den Schutz der persönlichen Daten in der aufgebauten Supportstruktur eigens thematisiert. «Wir haben die Studierenden vor den Prüfungen darauf sensibilisiert, dass sie allzu persönliche Gegenstände wie religiöse oder politische Symbole aus der Reichweite der Webcam entfernen», erklärt Dormann. Ausserdem sei sichergestellt, dass nur jene Mitarbeitende der FFHS die Aufnahmen zu Gesicht bekommen, die für diese Aufgaben definiert worden sind. Natürlich hinterlässt das Proctoring via Webcam bei einigen Personen einen Beigeschmack, doch Dormann sieht erste empirische Hinweise darauf, dass sich die Studierenden mit der Zeit an die neuen Prüfungsform gewöhnen und die Vorteile wie wegfallende Anreise oder die gewohnte Umgebung schätzen lernen. Er kann sich durchaus vorstellen, dass die Studierenden in naher Zukunft die Wahl haben zwischen Onlineprüfung zu Hause oder Präsenz. Ob in den eigenen vier Wänden oder im Campus: «Unser oberstes Ziel im E-Assessment ist es, die Studierenden so weit zu unterstützen, dass sie ihr Studium planmässig absolvieren können».