Egon Werlen hält Workshops in Südafrika
Als ausserordentlicher Professor in der Forschungseinheit Self-Directed Learning verbrachte Dr. Egon Werlen zehn Tage an der North-West University (NWU) in Potchefstroom, Südafrika. Die NWU ist eine wichtige Partnerhochschule der FFHS, mit der an gemeinsamen Forschungsprojekten im Rahmen des UNESCO-Lehrstuhls für personalisiertes und adaptives Fernstudium gearbeitet wird.
Egon Werlen (Mitte) mit Kolleginnen und Kollegen der North-West University.
Seine Antrittsvorlesung hielt Dr. Egon Werlen zu den Selbstkontrollaufgaben im Zusammenhang mit selbstgeleitetem Lernen. «Bereits vor mehr als zehn Jahren haben wir die Selbstkontrollaufgaben, ein Verfahren zur Beantwortung und Selbsteinschätzung offener Fragen, entwickelt», sagt Werlen. Die Struktur der Aufgaben, das sogenannte «Scaffold»-Gerüst, besteht aus einer oder mehreren offenen Fragen, deren Antworten mit Hilfe einer Musterantwort von den Studierenden selbst eingeschätzt werden. Anschliessend führen die Studierenden eine Selbstreflexion über ihre Antwort durch. In der Vorlesung wurde unter anderem gezeigt, wie die Selbstkontrollaufgaben mit dem selbstgesteuerten Lernen zusammenhängen. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Lernstrategien und der Bewertung der Lernergebnisse.
Workshop über Lernstrategien und Lernergebnisse
Während seines Aufenthalts in Südafrika leitete Dr. Egon Werlen Workshops zu Emotionen und selbstgesteuertem Lernen (self-directed learning) – jeweils in jedem der drei Campi der NWU. Lernen kann sehr emotional sein, wie alles andere im Leben auch. Emotionen haben immer auch einen Einfluss auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von selbstgesteuertem Lernen. Im Workshop stellte Werlen Theorien vor, die ihm in der Lernforschung wichtig sind und stellte die Verbindung zum selbstgesteuerten Lernen her. Die Workshop-Teilnehmenden diskutierten und reflektierten ihre Erfahrungen mit Emotionen beim Lernen und Lehren, insbesondere im Kontext des selbstgesteuerten Lernens. «Interessant war, dass bei jeder Durchführung in Abhängigkeit der vorherrschenden Bedingungen und Interessen der anwesenden Dozierenden ganz andere Themen wichtig waren: So kam es zu spannenden Diskussionen darüber, wie Emotionen das selbstgesteuerte Lernen beeinflussen, wie die Dozierenden mit Frustrationen während des Unterrichts umgehen, wie kreative Lösungen für schwierige Unterrichtsbedingungen gefunden werden oder wie die Dozierenden eine lernfördernde Beziehung zu den Studierenden aufbauen», fasst Werlen zusammen.
In einem weiteren Workshop in Potchefstroom, der auch online zugänglich war, ging es ums Thema «Metakognitive Selbstüberprüfung der Korrektheit offener Fragen». In den Selbstkontrollaufgaben werden die Studierenden aufgefordert, nach der Beantwortung und Selbsteinschätzung der eigenen Antworten über die Unterschiede zwischen ihrer eigenen Antwort und einer Musterantwort nachzudenken. Dies erfordert metakognitive Fähigkeiten. Im Workshop wurden die ersten Ergebnisse einer Kategorisierung der Schülerreflexionen in Bezug auf die Metakognition vorgestellt und deren Stärken und Schwächen mit den Teilnehmenden diskutiert.
Austausch mit anderen Forschenden
Die beiden Workshops und die Antrittsvorlesung richteten sich an die Dozierenden der NWU an der Fakultät für Erziehungswissenschaften (Education Faculty). Sie waren alle gut besucht und von einer aktiven Beteiligung der Dozierenden geprägt. Neben diesen Lehraktivitäten kamen mehrere Gespräche mit Forschenden der NWU, ein Treffen mit dem Dekan sowie eine Sitzung mit den Bereichsleitenden der Forschungseinheit Self-Directed Learning zustande. Gemeinsam mit Prof. Dr. Dorothy Laubscher, neu Inhaberin des «UNESCO Chairs on Multimodal Learning and Open Educational Resources», die Werlen während den zehn Tagen begleitete, arbeiteten sie am Ausbau der Forschungskooperation. Dazu gehören das Schreiben eines Projektantrags zur Förderung des selbstgeleiteten Lernens mit Hilfe von Selbstkontrollaufgaben, das Schreiben eines Fachartikels über die Metakognition bei der Selbstreflektion während dem Lernen mit Selbstkontrollaufgaben und der Organisation eines Sonderhefts in der Fachzeitschrift «Technology, Knowledge and Learning». Auf dem Rückweg zum Flughafen wurde Werlen von Prof. Dr. Christo Van der Westhuizen und Dr. Roxanne Bailey an der University of Johannesburg (UJ) empfangen.
Egon Werlen über seine persönlichen Eindrücke:
««Ich habe Südafrika ganz persönlich – damit beziehe ich mich in erster Linie auf die Erfahrungen im Umfeld der NWU – als ein Land zwischen grossem technologischem Fortschritt und grosser Armut mit sehr grossen Problemen im Vergleich zur Schweiz erlebt. Viele Themen, die wir in der Schweiz beziehungsweise in Europa diskutieren, sind auch in Südafrika relevant. Das Ausmass ist jedoch in der Regel massiv grösser. Wir sprechen in Europa über einen möglichen Mangel an Energie, haben davon ausser höheren Preisen jedoch noch nicht viel gespürt. In Südafrika wird der Strom täglich für mehrere Stunden ausgeschaltet, damit ein kompletter Zusammenbruch des Stromnetzes verhindert werden kann. In der Schweiz haben wir Lehrermangel, wobei deswegen kaum Schulen geschlossen oder übergrosse Klassen gebildet werden mussten. In Südafrika fehlen zigtausende von Lehrkräften auf allen Stufen und die Klassen haben in der Regel über 40 Schülerinnen und Schüler.»»