«Die Liebe zum Essen und zur Natur treibt mich als Forscherin an»
Dr. Pornpimol Scheuchzer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Departement Gesundheit der FFHS. Sie forscht im Bereich Ernährung, worin sie einen Schwerpunkt in der Nährstoffanalyse von Grundnahrungsmitteln bearbeitet – um etwa dem weltweit allgegenwärtigen Eisenmangel den Kampf anzusagen und nachhaltige Lösungen zu finden.
Meist sieht man nur Ausschnitte eines Menschen: Im Gespräch mit Pornpimol Scheuchzer haben wir gelernt, dass die Forschungstätigkeit, Hobbies und Lebensweise sehr nahe stehen und doch abwechslungsreich sein können.
Pornpimol, du bist in Thailand geboren und hast dort studiert. Wie bist du in die Schweiz gekommen?
Mit dem Flugzeug, wie wohl die meisten Menschen, die diese Reiseroute wählen. (Sie lacht)
Alles klar, neuer Versuch: Was hat dich dazu bewogen in die Schweiz zu kommen und hier zu leben?
Die Liebe hat mich hierhergebracht. Ich bin hauptsächlich wegen meines jetzigen Ehemannes, der Schweizer ist, hierhergezogen. Zudem habe ich an der ETH Zürich mein Doktorat gemacht.Ich lebe mittlerweile seit mehr als acht Jahren in der Schweiz, war die meiste Zeit in unterschiedlichen Forschungsprojekten der ETH beschäftigt und bin seit Mitte 2022 an der FFHS als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschung des Departements Gesundheit tätig.
Wir könnten demnach das Interview auch in Deutsch führen – da du dich privat und beruflich im deutschsprachigen Umfeld befindest, oder?
Nun ja, ich verstehe Deutsch jedes Jahr ein bisschen besser, doch ist es so, dass insbesondere im Forschendenumfeld Englisch vorherrschend ist – die Projektteams sind meist sehr international besetzt. Mein Ziel ist es jedoch fliessend Deutsch zu sprechen und deshalb bin ich fleissig am Lernen. Zuhause spreche ich vorwiegend Thailändisch.
Ach so, wie bitte – dein Mann ist doch Deutschschweizer?
Ja genau, er hat aber Thailändisch für mich gelernt und beherrscht die Sprache mittlerweile sehr gut. Mein Mann kann auch etwas Japanisch und lernt aktuell Französisch. Natürlich unterstützt er mich auch beim Deutsch lernen.
Eine der wichtigsten Inspirations- und Entspannungsquellen ist für Pornpimol die Natur – sie liebt es zu wandern, Berge zu erkunden und die frische Luft zu atmen.
Was treibt dich als Forscherin an?
Ich interessiere mich sehr für die Geschichte des Essens und wie es unsere Gesundheit und die Natur beeinflusst. Ich suche zum Beispiel Antworten auf die Frage, wie die Ernährung mit bestimmten Krankheiten zusammenhängt und wie man sie verhindern kann. Ich mache mir Gedanken über die Bestandteile, die aus meinem Essen freigesetzt werden, wohin sie gehen, was sie mit meinem Körper machen und wo sie am Ende des Kreislaufs landen. Die Liebe zum Essen und zur Natur treibt mich als Forscherin an.
Der Eisenmangel ist eine der meistverbreiteten Ernährungsdefizite auf der Welt. In diesem Bereich bist du besonders aktiv?
Richtig. Die ernährungsbedingte Eisenmangelanämie wird häufig durch einen niedrigen Eisengehalt und eine geringe Bioverfügbarkeit von Eisen in der Nahrung verursacht. Da Fleisch, Fisch und Geflügel hervorragende Quellen für bioverfügbares Eisen sind, kann eine Umstellung oder Beibehaltung einer überwiegend pflanzlichen Ernährung das Risiko für Eisenmangel erhöhen.
Letztes Jahr konnte ich zum Beispiel die Ergebnisse einer Studie vorstellen, die sich mit eisenangereichertem Reis befasste. Reis ist ein günstiges Lebensmittel, das von einem grossen Teil der Weltbevölkerung täglich verzehrt wird. Können wir es schaffen, ein Reisprodukt herzustellen, das einen viel höheren – weil angereicherten – Eisengehalt hat, würden wir ein grosses globales Gesundheitsproblem massiv verringern.
Spielt auch Nachhaltigkeit eine wesentliche Rolle bei deinen Forschungsprojekten?
Auf jeden Fall. Nicht nur, dass der Erfolg von mehr eisenhaltigen Lebensmitteln die Gesundheit von vielen Millionen Menschen grundlegend verbessern würde. Wir werden bald nicht mehr darum herumkommen, unsere Ernährung deutlich umzustellen. Eines meiner Projekte in diesem Jahr ist die Durchführung einer klinischen Studie zur Untersuchung der Bioverfügbarkeit von Eisen in einer neuartigen und traditionellen Fleischalternative auf pflanzlicher Basis. Die Ergebnisse dieses Projekts könnten den Lebensmittelherstellern möglicherweise dabei helfen, ein besseres Produkt herzustellen, das sowohl der Nachhaltigkeit als auch dem Nährwert gerecht wird.
Wenn du von Ernährung sprichst, spürt man richtiggehend deine Leidenschaft. Wie sieht es denn privat bei dir aus – kochst du gerne?
Ja, ich koche unheimlich gern, lerne gerne neue Dinge und lebe dies absolut passioniert. Ich könnte den ganzen Tag kochen – tagelang. Ich bereite oft bis zu zehn Gerichte an einem Tag vor und habe dann für die ganze Woche köstliche Speisen parat. Mit Freunden – einschliesslich meines Mannes – haben wir eine kleine Gruppe namens «Yum Yum Yoda» gegründet. Wir entscheiden uns oft für ein Thema oder die Küche eines bestimmten Landes, dann teilen wir die Gerichte auf, finden einen Termin, kochen gemeinsam in meiner winzigen Küche und essen zusammen. Wir haben schon argentinisch, mexikanisch, japanisch, koreanisch, indisch, schweizerisch und thailändisch gekocht. Das nächste Mal steht italienisch auf dem Programm, wo wir verschiedene Arten von handgemachter Pasta, Saucen und Desserts zubereiten wollen.
Hast du sonst noch ein besonderes Talent, etwas das niemand kann resp. kaum jemand von dir weiss?
Ja, ich kann «gleeken»!
Entschuldigung...
Okay, zur Erklärung: Es gibt einen Trick namens Gleeking, bei dem man absichtlich einen Speichelstrahl abschiesst. Nur 1% der Leute können das auf Kommando und ich gehöre zufällig dazu. Ich glaube, dass von meiner Fähigkeit tatsächlich nicht einmal mein Ehemann weiss.
«Shinrin yoku»: der japanische Begriff meint das eingedeutschte «Waldbaden». Pornpimol weiss um die heilsame Wirkung und liebt es, sich im Wald und natürlichen Energieorten aufzuhalten.
Was wolltest du als Kind einmal werden?
Ich wollte Lehrerin bei den Bergstämmen in Nordthailand werden, wo die Yao, Karen und Akha leben – vielleicht kennt man sie weniger dem Namen nach als vielmehr aufgrund der speziellen Halsringe, die sie tragen und als Symbol für den sozialen Status stehen. Ich habe mir meinen Traum erfüllt, als ich während meines ersten Jobs Urlaub nahm und ein paar Wochen mit Kindern in der Schule dort oben im Norden verbrachte. Ich wollte dazu beitragen, Bildung in Regionen zu bringen, in denen sie nicht verfügbar ist und es unterschiedliche Herausforderungen dahingehend gibt.
Welche drei Dinge würdest du auf eine Reise zum Mond mitnehmen?
Wie lange dauert die Reise? Wie kann ich mich vorbereiten, ohne die Details zu kennen? Auf jeden Fall etwas zu essen. Möglicherweise Kartoffeln, um diese auf dem Mond anzubauen. Ich weiss nicht, ob mein zweites Mitbringsel, ein Feuerzeug, auf dieser Reise funktionieren würde. Nichtsdestotrotz halte ich ein Feuerzeug an sich für dienlich, oder? Genauso wie Elon Musk, den ich auch mitnehmen würde. Ich denke, ihn dabei zu haben, würde mich absichern, um nach Hause zurückzukommen. Seine Raumfahrzeuge von SpaceX werden uns oft auf dem Mond besuchen und bei Bedarf weitere Dinge mitbringen. Wusstet ihr, dass sein Urgrossvater Schweizer war?
Mit welcher historischen Persönlichkeit oder welchem Promi würdest du gerne mal einen Kaffee trinken, und wo?
Mit Yuval Noah Harari, dem israelischen Historiker und Autor, in einer Buchhandlung, die auch ein Café und ein Pflanzengeschäft ist. Ich stelle mir einen Sitzplatz vor, umgeben von Büchern und Pflanzen. Er und ich trinken zusammen einen Kaffee, während wir auf einem Holzstuhl sitzen. Ich diskutiere mit ihm über historische Ereignisse und höre ihm vor allem zu.
Welche Farbe würde dich am besten charakterisieren?
Grün, es gibt verschiedene Schattierungen von Grün. Ich mag Grün, vor allem in der Natur. Ich liebe den Wald, gehe spazieren und verbringe dort Zeit. In der japanischen Kultur existiert ein Begriff dafür: «shinrin yoku». Ich gehe viel wandern. Am liebsten mit meinem Mann, weil er immer hervorragend vorbereitet ist. Ein Mann, der einen zweiten Plan für seinen zweiten Plan hat. Wir sammeln in einem grossen Topf laufend Ausflugsideen auf kleinen Zettelchen und wenn wir mal ideenlos sind, greifen wir einfach hinein und folgen der ausgelosten Destination. Wir sind auch schon spontan zum Bahnhof gegangen und folgten heimlich einer anderen Wandergruppe. Wir haben dann denselben Zug genommen und geschaut, wo sie uns hinführen. Natürlich haben wir uns irgendwo abgelöst – es wäre ja sonst etwas unheimlich. Oder ist es das schon?
Wenn du nur noch eine Band oder eine Musikerin oder Musiker bis zum Lebensende hören dürftest, welche wäre das?
Die Musik von Jack Johnson versetzt mich immer wieder in meine Heimatstadt. Ich denke an das Rauschen der Wellen, die salzige Seeluft, die Sonnenstrahlen am Horizont, den Duft von gekochten Meeresfrüchten aus der Küche meiner Mutter und die wohltuende Nähe meiner Familie.